IV OÖ: Corona-Pandemie und Shutdown treffen nahezu die gesamte Wirtschaft, allerdings in unterschiedlichem Ausmaß und in zeitlichen Wellen – Junge Generation ist stärker betroffen als die Älteren, starke Unterschiede bestehen auch zwischen geschütztem und ungeschütztem Bereich – Länder und Regionen mit gesunden öffentlichen Finanzen und niedriger Verschuldung im Vorteil
Was regional in China begann, hat sich binnen weniger Wochen zur größten globalen Krise seit dem 2. Weltkrieg entwickelt. Im Unterschied zu vergangenen Krisen wie z.B. der Finanzkrise 2008-2009 ist vom Shutdown infolge der Corona-Pandemie nahezu die gesamte Wirtschaft stark betroffen. Insbesondere der bisher von globalen Krisen weitestgehend verschont gebliebene Dienstleistungssektor – wie beispielsweise die Hotellerie, die Gastronomie oder persönliche Dienstleister – und große Teile des Handels waren wochenlang vollständig geschlossen. Der Shutdown vieler Branchen hat durch die weltweite Vernetzung der Industriestaaten zu einer wirtschaftlichen Ansteckung und damit in die globale Rezession geführt.
Die Industrie ist aufgrund ihrer Präsenz auf Weltmärkten generell von der Krise stark betroffen, wobei es große Unterschiede zwischen den Branchen gibt. Oberösterreich steht auf vielen industriellen Standbeinen, wodurch beispielsweise die Einbrüche der Automobilindustrie etwas abgemildert werden. Auch in der zeitlichen Wirkung der Wirtschaftskrise gibt es starke Divergenz: Während in Just-in-time-Branchen wie der Automobilindustrie die Auswirkungen unmittelbar zu spüren sind, werden projektorientierte Bereiche wie z.B. die Bau- und Anlagenbau-Industrie aufgrund langer Projektlaufzeiten erst in ein bis zwei Jahren Probleme haben.
„Wie wichtig eine nachhaltige Haushaltspolitik ist, bestätigt sich jetzt in der Corona-Krise erneut“, erklärt Dr. Joachim Haindl-Grutsch, Geschäftsführer der Industriellenvereinigung Oberösterreich (IV OÖ). Länder und Regionen, die eine besonders hohe Schuldenlast zu tragen haben und auch in Hochkonjunkturzeiten keine Budgetüberschüsse erzielt haben, würden besonders hart getroffen: „nicht zuletzt, weil die Mittel für Maßnahmen zur Ankurbelung des wirtschaftlichen Aufschwungs fehlen. Jetzt braucht es kurzfristig steuerliche Anreize, mittelfristig steht die Rückkehr zum Nulldefizit und der Abbau der Schulden im Mittelpunkt.“
Auch die Generationen sind unterschiedlich stark von der Krise betroffen. Während für die ältere Generation in Österreich der Zugang zu Frühpensionen weiterhin möglich ist oder sogar wieder erleichtert wurde, ist die junge Generation verstärkt von Arbeitslosigkeit und abweichenden Karriereverläufen betroffen. „Da die Nachfrage nach MINT-Qualifikationen durch die beschleunigte Automatisierung und Digitalisierung wie auch durch verstärkte Anstrengungen in den Bereichen Medizin, Pharma, Energie und Umwelt auch in den nächsten Jahren weiterhin hoch bleiben bzw. sogar weiter zunehmen wird, ist es besonders wichtig, insbesondere im Bereich der dualen Ausbildung Akzente zu setzen, damit junge Menschen in Österreich weiterhin eine hochwertige Lehrausbildung absolvieren können“, betont Haindl-Grutsch. Zur Ankurbelung der Wirtschaft seien zusätzliche Technologie- und Forschungsförderungs-programme notwendig, auch dafür brauche es gut ausgebildete HTL- und Hochschulabsolventen. Zusätzliche Impulse erhöhen die Standortqualität, was sich nach Bewältigung der Krise durch zusätzliches Wachstum positiv auswirkt.
Besonders sichtbar wird durch die Krise der breite Graben zwischen ungeschützter Privatwirtschaft und dem geschützten öffentlichen Sektor. Während es für beinahe 2 Mio. Arbeitnehmer in der Privatwirtschaft und für Tausende Unternehmer und Selbstständige es zu drastischen Einschnitten kommt, bleibt der öffentliche Sektor von der Krise finanziell nahezu unberührt. „Hier muss die Politik Maßnahmen setzen, dass es zu einer zusätzlichen Unterstützung der Menschen im ungeschützten Sektor kommt“, meint der IV OÖ-Geschäftsführer, der hierzu beispielsweise steuerfreie Betriebsprämien für die Zeit nach der Krise zur Diskussion stellt. Mehr denn je zeige sich, dass eine Digitalisierungs- und Deregulierungsoffensive im öffentlichen Sektor höchst an der Zeit sei, so Haindl-Grutsch: „Die Digitalisierung in Verwaltung, Bildung und Gesundheit muss jetzt mit hohem Tempo vorangetrieben werden. Genehmigungsverfahren müssen weiter beschleunigt und vor allem die Verwaltungsstrukturen in Österreich entsprechend modernisiert werden!“