Wirtschafts-, Finanzpolitik & Recht

OÖ. Industriekonjunktur im Wartesaal

Oberösterreichs Industriekonjunktur durch nationale und internationale Entwicklungen gedämpft – Bundespolitischer Stillstand und globale Risiken trüben Geschäftserwartungen – OÖ. Industrie braucht wieder wirtschaftspolitische Impulse

Die aktuelle Geschäftslage ist weiterhin positiv und das Konjunkturbarometer zeigt nach fünf Quartalen des moderaten aber kontinuierlichen Rückganges erstmals wieder einen leichten Anstieg – auf den ersten Blick zeichnen die Ergebnisse der IV OÖ-Konjunkturumfrage über das 2. Quartal 2019, an der sich 86 Unternehmen mit insgesamt knapp 100.000 Mitarbeitern beteiligten, ein passables Bild. Bei näherer Betrachtung wird aber sichtbar, dass die OÖ. Industrie den Wachstumspfad der Jahre 2017 und 2018 verlassen hat und wieder im flachen Trendkanal, der vor den beiden Boom-Jahren den Konjunkturverlauf bestimmte, angekommen ist. Am markantesten sind dabei die Rückgänge bei den aktuellen Auftragsbeständen und den Auslandsaufträgen, deren Salden aus Positiv- und Negativmeldungen von zuvor jeweils 49 Prozentpunkten auf nunmehr 30 bzw. 33 Punkte abgesackt sind. Durch die anhaltend negativen Erwartungen bei den Verkaufspreisen in 3 Monaten (Saldo: -9 Punkte, +/-0 gegenüber dem Vorquartal) gerät auch die Einschätzung der Ertragssituation in 6 Monaten immer weiter ins Minus. Nach -7 Punkten im Vorquartal hält der Saldo bereits bei -10 Punkten: Gewichtet nach Mitarbeiterzahlen gehen nur mehr 2 Prozent der Unternehmen von einer Verbesserung der Ertragssituation aus, 12 Prozent glauben hingegen an eine Verschlechterung.

Dass das Konjunkturbarometer dennoch von 15 auf nun 18 Punkte gestiegen ist und die Kurve wieder leicht nach oben zeigt, ist auf die etwas günstigere Einschätzung der Geschäftslage in 6 Monaten zurückzuführen. Lag der Saldo aus Positiv- und Negativmeldungen im Vorquartal noch bei -8 Punkten, so befindet er sich nun bei -3 Punkten und nähert sich damit wieder der Nulllinie an. „Alles in allem fehlen in der OÖ. Industrie aktuell vertrauensbildende Impulse“, interpretiert Dr. Joachim Haindl-Grutsch, Geschäftsführer der Industriellenvereinigung Oberösterreich (IV OÖ), die Umfrageergebnisse: „Eine Rezession ist weiterhin nicht in Sicht, die Zeiten des kräftigen Wachstums sind jedoch vorerst vorbei. Wir sind im Wartesaal angekommen.“

Die Umfrageergebnisse im Detail

Obwohl bei den Gesamtauftragsbeständen die erwähnten Rückgänge zu verbuchen sind, präsentiert sich die derzeitige Geschäftslage der Betriebe noch recht positiv: Der Saldo liegt unverändert bei 38 Punkten; die Positivmeldungen steigerten sich sogar von 45 auf 49 Prozentpunkte, gleichzeitig aber auch die Negativmeldungen von 7 auf 11 Punkte. Bei der Produktionstätigkeit in 3 Monaten bleibt der Saldo konstant bei 2 Punkten, bei der Produktionskapazität in 3 Monaten drehte er sogar von zuvor -1 auf nun 1 Punkt in den Positivbereich zurück.

Aufgrund der anhaltend vorsichtigen Zukunftseinschätzung sinkt nun auch der Indikator für die Entwicklung des Beschäftigtenstandes wieder in Richtung Nulllinie: Während sich der Prozentsatz der Firmen, die einen Beschäftigungsaufbau planen, wiederum gewichtet nach Mitarbeiterzahlen von 20 auf 10 Prozent halbiert hat, ist der Anteil der Firmen, die sich mit der Notwendigkeit eines Beschäftigungsabbaus konfrontiert sehen, von 9 auf 12 Prozent gestiegen. Der Saldo reduzierte sich damit von 12 Punkten im 1. Quartal 2019 auf nur mehr 2 Punkte.

Für IV OÖ-Geschäftsführer Dr. Joachim Haindl-Grutsch steht fest, dass diese Abkehr vom Wachstumspfad und der Konjunkturrückgang in Richtung Normalität sowohl hausgemachte Gründe hat, als auch der international sehr volatilen Situation geschuldet ist. „Der Handelsstreit zwischen den USA und China, die Entwicklungen in der Automobilindustrie oder auch die Unklarheiten über den bevorstehenden Brexit haben in der stark exportorientierten OÖ. Industrie dämpfende Wirkung. Unter diesen Vorzeichen bräuchte es eine Bundesregierung, die proaktiv an die internationalen Herausforderungen herangeht. Umso mehr bleibt zu hoffen, dass die nächste gewählte Bundesregierung rasch ins Handeln kommt und den Reformkurs der letzten eineinhalb Jahre fortsetzt!“