Wirtschafts-, Finanzpolitik & Recht

Wieder mehr Zuversicht in der OÖ. Industrie

Geopolitisches Umfeld bleibt unberechenbar – Weitere Entwicklung von Energiepreisen, Inflation und Zinsen offen – Gestiegene Zuversicht bringt Konjunkturbarometer zurück in den positiven Bereich – Bundesregierung muss Arbeitskräftemangel mit Steueranreizen rasch entgegenwirken

Nach sehr pessimistischen Einschätzungen infolge der Energiekrise im dritten Quartal ist die Zuversicht wieder deutlich gestiegen. Die OÖ. Industrie konnte sich dank zahlreicher Maßnahmen vielfach erfolgreich an die neuen Rahmenbedingungen anpassen und blickt wieder etwas positiver auf die wirtschaftliche Entwicklung im neuen Jahr. Das Umfeld bleibt jedoch sehr herausfordernd und die Anspannung hoch. „Die Lage in den verschiedenen Branchen ist sehr heterogen, entsprechend stark schwanken vielfach die Abrufe der Kunden. Kapazitätsplanungen sind daher für viele Betriebe weiterhin enorm schwierig“, erklärt Dr. Joachim Haindl-Grutsch, Geschäftsführer der Industriellenvereinigung Oberösterreich (IV OÖ). Das zeigt sich auch in den Ergebnissen der IV OÖ-Konjunkturumfrage über das 4. Quartal 2022 (99 teilnehmende Firmen mit insgesamt mehr als 112.000 Mitarbeitern): Insgesamt liegt das Konjunkturbarometer, das sich als Mittelwert aus aktueller und zukünftiger Geschäftslage errechnet, zum Jahresende bei +6,5 Punkten und damit 16,5 Punkte über dem Wert des Vorquartals und wieder im positiven Bereich.

Weniger pessimistischer Blick in die Zukunft

In der Detailbetrachtung ergibt sich daraus folgendes Bild: Gewichtet nach Mitarbeiterzahlen melden 36 Prozent der Unternehmen zurzeit eine gute bzw. steigende Geschäftslage (nach 57% im Vorquartal), 60 Prozent eine gleichbleibende und nur 4 Prozent eine schlechte Geschäftslage. Der Saldo aus Positiv- und Negativwert ist somit von zuvor +48 auf nunmehr +32 Punkte gesunken. Ähnlich verhält es sich bei den derzeitigen Auftragsbeständen und bei den Auslandsaufträgen, wo die Salden von zuvor +59 bzw. +52 Punkten auf nun +28 bzw. +33 Punkte deutlich gesunken sind. Damit weist der Auftragsbestand mit einem Rückgang um 31 Punkte den stärksten Einbruch in der aktuellen Umfrage auf. „Die globale Konjunkturabkühlung hat damit bereits deutliche Spuren in den Unternehmen der OÖ. Industrie hinterlassen“, betont Haindl-Grutsch.

Ausschlaggebend für die Trendumkehr des Konjunkturbarometers sind die zukunftsgerichteten Indikatoren: Zwar weist ein Großteil davon weiterhin negative Salden auf, die einzelnen Indikatoren haben sich aber deutlich erholt. Mit einer Steigerung von -68 im Vorquartal auf -19 zu Jahresende verzeichnete die Einschätzung der Geschäftslage in 6 Monaten die stärkste Erholung. „Die Betriebe blicken deutlich weniger pessimistisch in die nahe Zukunft“, betont Haindl-Grutsch. Der weiterhin hohe Inflationsdruck spiegelt sich auch bei der Einschätzung der Verkaufspreise in drei Monaten wider, die um 29 Prozentpunkte auf insgesamt +39 gestiegen ist. Trotzdem bleibt die Erwartungshaltung der Ertragssituation in 6 Monaten mit -13 im negativen Bereich. Lediglich die Einschätzung der Auslastung der Produktionskapazitäten wies keine Steigerung im Vergleich zum Vorquartal auf, sondern blieb mit einem Saldo von -34 unverändert.

Arbeitskräftemangel mit Leistungspaket entgegenwirken

Mit einem Anstieg im Saldo von -10 im dritten Quartal auf aktuell +4 hat sich die Einschätzung des Beschäftigtenstandes in 3 Monaten bei den Betrieben wieder ins Plus gedreht. Die Ergebnisse bestärken die Annahme, dass von einem signifikanten Anstieg der Arbeitslosigkeit auch weiterhin nicht auszugehen ist. Im Gegenteil überwiegen damit wieder jene Unternehmen, die die Mitarbeiterzahl erhöhen wollen gegenüber jenen, die diese reduzieren wollen. Sollte es vereinzelt zu Freisetzungen kommen, würden diese unmittelbar vom leergefegten Arbeitsmarkt aufgesogen.

„Der Arbeitskräftemangel zieht sich durch alle Branchen und Berufsfelder und bleibt die größte Herausforderung am Standort Oberösterreich in den kommenden Jahren“, ist Haindl-Grutsch überzeugt. Umso wichtiger wäre die rasche Umsetzung der im 10-Punkte-Maßnahmenpaket ‚Leistung muss sich (wieder) lohnen‘ von der IV präsentierten Maßnahmen zur Hebung von Potenzialen am Arbeitsmarkt. „Die Politik muss unbedingt verhindern, dass es aufgrund des Arbeitskräftemangels zu weiteren Leistungspriorisierungen in der Medizin, der Pflege, in den Schulen, in Hotellerie und Gastronomie oder zu Verlagerungen der Industrie ins Ausland kommt“, betont Haindl-Grutsch abschließend. „Freiwillig etwas mehr zu arbeiten hätte viele positive Effekte, unser Steuersystem muss endlich Anreize zum Arbeiten statt zum Nicht-Arbeiten geben.“

IV OÖ Konjunkturbarometer für das vierte Quartal 2022
Foto: IV OÖ

Zur Befragungsmethode

An der jüngsten Konjunkturumfrage der IV beteiligten sich in Oberösterreich 99 Unternehmen mit rund 112.000 Beschäftigten. Bei der Konjunkturumfrage der IV kommt folgende Methode zur Anwendung: Den Unternehmen werden drei Antwortmöglichkeiten vorgelegt: positiv, neutral und negativ. Errechnet werden die (beschäftigungsgewichteten) Prozentanteile dieser Antwortkategorien, sodann wird der konjunktursensible „Saldo“ aus den Prozentanteilen positiver und negativer Antworten unter Vernachlässigung der neutralen gebildet.