Wirtschafts-, Finanzpolitik & Recht

KONJUNKTUR PLUS, STRUKTUR MINUS

Konjunkturindikatoren der OÖ. Industrie haben Tiefpunkt durchschritten – Aktuelle Geschäftslage an der Nulllinie – Auf Rezession folgt Stagnation – Beschäftigungsabbau setzt sich fort – Strukturelle Probleme des Standortes Österreich unverändert – Wettbewerbsfähigkeit muss durch Reparaturpaket wiederhergestellt werden

Von sehr negativem Niveau im Vorquartal aus hat sich die Stimmungslage in der OÖ. Industrie verbessert, wie aus den Ergebnissen der Konjunkturumfrage der IV OÖ über das erste Quartal 2024 (102 teilnehmende Firmen mit insgesamt rund 114.879 Mitarbeitern) hervorgeht. Der Pessimismus über die Einschätzung der aktuellen Lage wie auch für die kommenden Monaten hat in allen Indikatoren deutlich abgenommen, die Talsohle ist durchschritten. Das Konjunkturbarometer, welches sich als Mittelwert aus aktueller Geschäftslage und der Geschäftslage in sechs Monaten errechnet, nähert sich mit -7 Punkten (nach -30 Punkten im Vorquartal) der Nulllinie, verbleibt damit aber im negativen Terrain. „Die OÖ. Industrie schaut wieder weniger negativ in die Zukunft, eine Trendumkehr ist erfolgt“, erklärt der Geschäftsführer der Industriellenvereinigung Oberösterreich (IV OÖ) Dr. Joachim Haindl-Grutsch. 

Die wirtschaftliche Lage der heimischen Betriebe bleibt enorm volatil aufgrund einer Vielzahl an Unsicherheitsfaktoren.“ Während wichtige Märkte wie China oder Deutschland mit Problemen kämpfen, zeigt sich die USA sehr robust. Die Inflations- und damit die Zinsentwicklung sind weiterhin schwer einzuschätzen. Österreichs Arbeitskosten steigen im Vergleich mit unmittelbaren Mitbewerbern überdurchschnittlich stark. „Wer sehr teuer ist, muss sehr gut sein. Österreich muss als Standort den Anspruch der Schweiz haben, um den Nachteil der hohen Kosten durch extreme Wettbewerbsfähigkeit kompensieren zu können“, betont Haindl-Grutsch. „Was standortpolitisch in wenigen Jahren möglich ist, zeigt Dänemark, welches 2010 auf Platz 13 nur einen Platz vor Österreich im IMD-Ranking war und jetzt auf Platz eins aufscheint, während Österreich auf Platz 24 zurückgefallen ist.“


Arbeitskosten in der EU im Vergleich

Foto: IV OÖ

Wettbewerbsrankings: Vergleich Österreich - Schweiz

Foto: IV OÖ

IMD-Ranking: Österreich im Vergleich mit Dänemark

Foto: IV OÖ

Die Ergebnisse im Detail zeigen Stagnation

In der Detailbetrachtung ergibt sich folgendes Bild aus der Konjunkturumfrage: Nachdem im Vorquartal alle Indikatoren stark gesunken sind, brachten die letzten drei Monate einen Aufwärtstrend in der Stimmungslage. Die OÖ. Industrie geht aus einer rezessiven in eine stagnative Phase über. Die aktuelle Geschäftslage steigt von -7 Punkte auf +2 Punkte und überschreitet damit die Nulllinie. Die Werte zum aktuellen Auftragsbestand sowie den Auslandsaufträgen steigen von -19 auf -9 Punkte bzw. von -13 auf 0 Punkte.

Auch bei den in die Zukunft gerichteten Indikatoren ist wieder weniger Pessimismus vorherrschend. Die Einschätzung der Geschäftslage in sechs Monaten steigt kräftig von -52 auf -16 Punkte, verbleibt aber noch deutlich im negativen Bereich. Auch die Werte der Produktionstätigkeit in drei Monaten (von -60 auf -20 Punkte) und der Auslastung der Produktionskapazitäten in drei Monaten (von -61 auf -19 Punkte) erholen sich ähnlich.

Beschäftigtenstand weiter rückläufig

Die Einschätzung für den Beschäftigtenstand in drei Monaten steigt von sehr tiefem Niveau von -62 auf nunmehr -15 Punkte. Haben noch im vierten Quartal 65 Prozent der Unternehmen einen Rückgang der Beschäftigten gemeldet, fällt der Wert im ersten Quartal auf 25 Prozent. „Damit wollen aber immer noch ein Viertel der Betriebe in den nächsten Monaten Mitarbeiter abbauen“, warnt Haindl-Grutsch. Die Erwartungen der Verkaufspreise in drei Monaten steigen von -17 auf -3 Punkte, ebenso die Ertragssituation in sechs Monaten von -54 auf -11 Punkte, während sich jedoch die aktuelle Ertragssituation von -4 auf -12 weiter verschlechtert hat. 

Reparaturpaket für den Standort Österreich

Die konjunkturelle Lage der OÖ. Industrie bleibt angespannt, die globale Entwicklung ist von enormer Unsicherheit geprägt. „Aufgrund der stark gestiegenen Personal- und Energiekosten im Vergleich zu unseren Mitbewerbern hat der Standort Österreich enorm an internationaler Wettbewerbsfähigkeit verloren. Der zusätzliche Kostenrucksack muss von der Betrieben getragen werden. Die Folgen sind Verlagerungen ins Ausland sowie Personalabbau und Rationalisierung im Inland. Das Zusatzgewicht muss durch Steuer- und Abgabensenkungen sowie Bürokratieabbau von der Politik reduziert werden. Nicht die Konjunktur sondern die Struktur ist das Hauptproblem Österreichs. Die nächste Bundesregierung muss ein Standortreparaturpaket vorlegen, damit Österreichs Wettbewerbsfähigkeit wieder hergestellt wird“, betont Haindl-Grutsch abschließend. 

Zur Befragungsmethode

An der jüngsten Konjunkturumfrage der IV beteiligten sich in Oberösterreich 102 Unternehmen mit rund 114.879 Beschäftigten. Bei der Konjunkturumfrage der IV kommt folgende Methode zur Anwendung: Den Unternehmen werden drei Antwortmöglichkeiten vorgelegt: positiv, neutral und negativ. Errechnet werden die (beschäftigungsgewichteten) Prozentanteile dieser Antwortkategorien, sodann wird der konjunktursensible „Saldo“ aus den Prozentanteilen positiver und negativer Antworten unter Vernachlässigung der neutralen gebildet.

Foto: IV OÖ