Wirtschafts-, Finanzpolitik & Recht

Große Herausforderungen, positiver Ausblick: 2022 gemeinsam gut bewältigen

Das Jahr 2021 war für Oberösterreich außergewöhnlich herausfordernd – Konjunkturausblick bleibt trotz komplexen Umfelds positiv – Nachhaltig hohe Energiekosten können Industriestandort OÖ gefährden – 2022 muss auch gesellschaftlich wieder an einem Strang gezogen werden – OÖ braucht 3 konkrete Masterpläne für kräftigen Veränderungsimpuls am Beginn der neuen Legislaturperiode

Im Jahr 2021 führte die extrem dynamische Erholung des Welthandels in der OÖ. Industrie nahezu flächendeckend zu sehr hohen Auftragseingängen und guter Geschäftsentwicklung. Nur wenige Industriesektoren wie die Flugzeugindustrie oder die Brauereien waren von den Auswirkungen der Pandemie weiterhin betroffen. Die Blockade im Suezkanal im Frühjahr 2021 stand und steht symbolisch für die Schwierigkeiten, die der weltweite Lockdown nach dem Ausbruch der Pandemie 2020 in der Weltwirtschaft zur Folge hatte. Der enorm starke Aufschwung der globalen Konjunktur nach dem Absturz hat das System aus dem Gleichgewicht gebracht.

„Auch im vierten Lockdown hält die OÖ. Industrie unser Land am Laufen und sorgt für Arbeitsplätze, Wertschöpfung und Steuereinnahmen für die öffentliche Hand“, erklärt Dr. Axel Greiner, Präsident der Industriellenvereinigung Oberösterreich (IV OÖ). Die globale Wirtschaft läuft weiterhin auf Hochtouren, wovon die exportstarke heimische Industrie über viele Branchen hinweg stark profitiert. Die Ausnahme bilden jene Branchen des produzierenden Sektors, die stark an Hotellerie und Gastronomie zuliefern. „Das aktuelle Umfeld bleibt herausfordernd“, so Greiner: „Neben eingeschränkten Komponentenverfügbarkeiten, volatilen Kundenabrufen und vor allem stark gestiegenen Kosten für Energie, Rohstoffe oder Transport verschärfen die aktuell hohen Infektions- und Quarantänezahlen sowie die mit COVID-19 verbundenen erhöhten Absenzzahlen der Beschäftigten den grundsätzlichen Arbeitskräftemangel in den Betrieben. Unsicherheit prägt das Umfeld der OÖ. Industrie – eine Situation, die auch 2022 anhalten wird.“

Besonders kritisch ist die Entwicklung bei den Energiekosten. Bleiben die Preise für Strom und Gas auf diesem Niveau, sind Geschäftsmodelle mit hohem Energieverbrauch am heimischen Standort nicht mehr tragfähig. Der Industriestandort Oberösterreich wäre damit massiv gefährdet.

Mehr Solidarität und Zusammenhalt

Österreich braucht in der aktuellen Corona-Lage Einigkeit und Geschlossenheit. Fehler im politischen Management der Krise und in der Kommunikation wurden gemacht, einige wären vermeidbar gewesen. Die Pandemie ist nicht planbar, das Wissen über das Virus ist ein täglicher Lernprozess, der ständige Anpassungen bei den gesundheits- und wirtschaftspolitischen Maßnahmen erforderlich macht.

Der globale Wirtschaftsaufschwung ist stark industriegetrieben, in Österreich hat die Industrie inklusive der industrienahen Dienstleitungen einen Anteil von zwei Drittel an der Wirtschaftserholung. Die Industrie hat Österreich in der Krise auf stabilem Kurs gehalten und wesentliche Beiträge zur Eindämmung der Pandemie durch umfassende Test- und Impfinitiativen gesetzt. Der Ausblick für die Jahre 2022 und 2023 bleibt positiv, die wirtschaftspolitischen Unsicherheiten sollten 2022 abnehmen. „Damit die Industrie im kommenden Jahr der Wertschöpfungsmotor des Landes bleiben kann, benötige es jetzt wieder mehr Zusammenhalt, Verantwortungsübernahme und Solidarität in unserer Gesellschaft“, so Greiner: „Der Appell, sich impfen zu lassen, ergeht an alle unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, weil es der einzige Ausweg aus der Pandemie ist und einen massiven Wohlstandsverlust verhindert.“

„Jedenfalls braucht es nach Bewältigung der Pandemie den Anstoß für eine neue Wertediskussion über Eigenverantwortung sowie Rechte und Pflichten der Bürger in Österreich“, betont der IV OÖ-Präsident: „Die geringe Impfquote ist auch ein Ergebnis einer über viele Jahre eingelernten Vollkasko-Mentalität in unserer Gesellschaft in Österreich, in der die Verantwortungsübergabe an den Staat stärker ausgeprägt ist als etwa in Nord- oder Südeuropa.“

Drei Masterpläne für OÖ am Beginn der Legislaturperiode

Zusätzlich war das Jahr 2021 in Oberösterreich geprägt von der Landtagswahl am 26. September, die zur Fortsetzung der schwarz-blauen Koalition führte. Die neue Legislaturperiode reicht bis ins Jahr 2027 und entscheidet daher darüber, wie wettbewerbsfähig unser Land am Ende dieses Jahrzehnts im internationalen Vergleich sein wird und ob das gemeinsame Ziel des Aufstiegs zu den besten Industrieregionen Europas bis 2030 erreicht werden kann. Das ausverhandelte Regierungsprogramm beinhaltet dazu zahlreiche wesentliche Passagen. Die 10 wichtigsten Punkte aus Sicht der OÖ. Industrie sind:

  1. Eine solide Finanzpolitik und eine gesetzlich manifestierte Schuldenbremse bleiben oberste Maxime der oberösterreichischen Landespolitik.
  2. Effizienzsteigerungen, Bürokratieabbau und die Steigerung des Digitalisierungsgrades der öffentlichen Hand werden vorangetrieben.
  3. Aufstieg Oberösterreichs zu den besten Industrieregionen in Europa durch Forcierung von Forschung, Innovation und Technologie sowie durch weitere Internationalisierung.
  4. Gezielte Maßnahmen, um den Arbeitskräftebedarf in Oberösterreich in den nächsten Jahren decken zu können, durch Aus- und Weiterbildung, konsequente Vermittlung von Arbeitssuchenden durch das AMS oder die Erhöhung der Frauenbeschäftigungsquote.
  5. Vorantreiben der digitalen Transformation in Wirtschaft, Bildung, Verwaltung und Gesundheit, Ausbau der Breitband-Infrastruktur, weitere Forcierung von Künstlicher Intelligenz und IT-Security.
  6. Positionierung von Oberösterreich als Vorreiter bei sauberer und nachhaltiger Produktion, Ausbau des Anteils erneuerbarer Stromerzeugung und eines leistungsfähigen Stromleitungsnetzes sowie Vorantreiben der Transformation des Mobilitätssystems.
  7. Oberösterreich als Modellregion für die Kreislaufwirtschaft, Etablierung eines Wasserstoffzentrums und Unterstützung der energieintensiven Industrie bei der Umstellung von CO2-intensiven industriellen Produktionsprozessen.
  8. Ausbau des digitalgestützten Lernens im Unterricht sowie Erweiterung des schulischen Angebots im MINT-Bereich, Forcierung der Lehrausbildung und Modernisierung und Digitalisierung der Berufsschulstandorte.
  9. Ausbau der Hochschulinfrastruktur an der JKU Linz, der FH OÖ sowie durch Gründung der neuen TU. Entwicklung von Oberösterreich zum Magnet für Spitzenforscher.
  10. Ausbau der Verkehrsinfrastruktur sowie des öffentlichen Verkehrsangebotes in einem vernünftigen Mobilitätsmix, Umsetzung der Linzer Osttangente und rascher Lückenschluss der S10 bis zur Staatsgrenze.

„Eine Fortsetzung des erfolgreichen standortpolitischen Kurses mit neuen kräftigen Veränderungsimpulsen ist notwendig, um dem dynamischen Wandel Rechnung zu tragen und die Vielfalt der Herausforderungen zu bewältigen“, so IV OÖ-Präsident Greiner. Aus Sicht der IV OÖ benötigt Oberösterreich am Beginn der neuen Legislaturperiode drei konkret ausgearbeitete Masterpläne begleitet von entsprechendem Projektmanagement:

  • Masterplan öffentlicher Sektor: Rückkehr zu Nulldefizit nach Bewältigung der Pandemie sowie Steigerung der Qualität und Senkung der Kosten des öffentlichen Sektors durch forcierte Digitalisierung.
  • Masterplan Bildung und Arbeitsmarkt: Hebung aller Potenziale bei Jugendlichen, Frauen, Älteren und durch qualifizierte Zuwanderung sowie Verbesserungen in der MINT-Ausbildung in allen Schulzweigen sowie im Hochschulsektor in Oberösterreich.
  • Masterplan Infrastruktur: Beschleunigter Ausbau der Verkehrs-, Energie- und Dateninfrastruktur und Förderung von Projekten zur Transformation des Energie- und Mobilitätssystems sowie der CO2-intensiven industriellen Produktionsprozesse.
Strukturwandel mit aller Kraft vorantreiben

Das kommende Jahr wird für den Industriestandort Oberösterreich nicht weniger herausfordernd. Neben der Pandemiebewältigung bleiben die Unberechenbarkeiten des globalen Wirtschaftskreislaufes und die Auswirkungen der Transformation des Energie- und Mobilitätssystems auf Energie- und CO2-Kosten im Fokus der OÖ. Industrie. „In den nächsten Jahren werden jene Regionen erfolgreich sein, die mit hoher Flexibilität und Kompetenz auf die neuen Herausforderungen reagieren können“, hält Greiner fest. Gerade deswegen müssen in den nächsten Jahren alle Anstrengungen unternommen werden, um unseren Industriestandort weiterzuentwickeln. Spitzenregionen profitieren in solchen Phasen überdurchschnittlich, während andere zurückfallen. Der notwendige beschleunigte Strukturwandel in Richtung noch stärkerer Bildungs-, Forschungs-, Technologie- und Innovationsorientierung mit modernster Infrastruktur und automatisierten, digitalisierten und flexibilisierten Prozessen in allen Bereichen von Wirtschaft und öffentlicher Hand muss mit aller Kraft vorangetrieben werden. „Dies umso mehr, weil es aufgrund des Demographie-bedingten Arbeitskräftemangels zur weiteren dynamischen Evolution unseres Wirtschaftssystems in Richtung höherer Wertschöpfungsintensität durch Höherqualifizierung der Menschen und intensiver Digitalisierung von Prozessen keine Alternative gibt“, sagt Greiner. Höhere Kosten am Arbeits- und Wirtschaftsstandort – Stichwort Inflation – könnten nur mit entsprechenden technologiegetriebenen Produktivitätsfortschritten überkompensiert werden, um damit den Wohlstand am Standort weiter zu erhöhen: „Umso wichtiger ist es, dass wir die vorgeschlagenen Masterpläne rasch in die Umsetzung bringen“, betont IV OÖ-Präsident Axel Greiner abschließend.