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Wasserstoff als Teil der Lösung

Wasserstoff bekommt Schlüsselrolle bei der grünen Transformation – IV OÖ stellt Studie vor – Technische und wirtschaftliche Herausforderungen sind enorm – Vielfältige Einsatzfelder in Industrie, Mobilität und Energieversorgung – Oberösterreich mit hervorragenden Voraussetzungen durch große Wasserstoffspeicher und Industrieabnehmer – Wasserstoff-Offensive 2030 des Landes OÖ läuft auf Hochtouren – Europäische Infrastruktur und Importstrategie notwendig

Das Ziel der CO2-Neutralität erfordert eine Vielzahl an Anstrengungen, Wasserstoff als Energieträger könnte dabei eine Schlüsselrolle einnehmen. Der Einsatz von Wasserstoff beinhaltet enorm komplexe Herausforderungen von der Produktion, der Speicherung und des Transports von Wasserstoff bis zu Anwendungsmöglichkeiten in der Industrie, der Mobilität oder der Energieversorgung. Doch wie realistisch sind die ehrgeizigen Pläne? Die Industriellenvereinigung Oberösterreich (IV OÖ) stellte im Rahmen der Veranstaltung „Industrie im Dialog“ die Studie „Wasserstoff als industrieller Energieträger“ vor und diskutierte darüber mit Landesrat Markus Achleitner, DI (FH) Martin Haslinger (Linde Gas), DI Markus Mitteregger (RAG) und Mag. DI Davide Trebo (Siemens Energy).

„Wasserstoff wird für bestimmte Anwendungsbereiche in Industrie, Mobilität und Stromversorgung unverzichtbar“, so IV OÖ-Geschäftsführer Joachim Haindl-Grutsch. „Die Nachfrage wird laut Prognosen von 172 Mio. Tonnen 2030 auf 598 Mio. Tonnen 2050 über alle Anwendungen und alle Weltregionen kontinuierlich zulegen. Infrastruktur und Wirtschaftlichkeit stehen heute jedoch noch vor wesentlichen Hürden. Österreich muss sich bei Produktionsverfahren im ‚Wasserstoff-Regenbogen‘ breiter aufstellen und nicht nur auf grünen Wasserstoff setzen.“

Foto: IV OÖ
Foto: IV OÖ
Foto: IV OÖ
Foto: IV OÖ

„Wasserstoff hat sich als strategische Säule etabliert, um die Dekarbonisierung der heimischen Industrie und zugleich auch deren Energieversorgungssicherheit zu ermöglichen“, stellte Wirtschafts- und Energie-Landesrat Markus Achleitner im Rahmen der Veranstaltung fest. Gerade Oberösterreich weise sehr gute Voraussetzungen auf, um zu einem Vorreiter bei der Anwendung von Wasserstoff zu werden, so Achleitner weiter. Oberösterreich habe sowohl enorm große verfügbare Wasserstoffspeicher als auch große industrielle Abnehmer von Wasserstoff in der Zukunft – insbesondere in den Bereichen Stahl, Chemie und Zement. „Mit dem ‚H2-Startnetz‘, in dem Energie AG, RAG und Linz AG das vorhandene Gasnetz zu einem Wasserstoff-Netz umfunktionieren, nimmt Oberösterreich bereits eine Pionierrolle bei der Wasserstoff-Transportinfrastruktur ein“, erklärte Landesrat Achleitner. Die Umsetzung der OÖ. Wasserstoff-Offensive 2030, die im Jahr 2023 gestartet worden sei, laufe schon auf Hochtouren: Das OÖ. Wasserstoff-Netzwerk mit Unternehmen und Forschungseinrichtungen umfasse bereits 70 Mitglieder, die sich mit Projekten mit einem Gesamtvolumen von 483 Mio. Euro befassen würden. Ein eigenes Wasserstoff-Forschungszentrum am FH-Campus in Wels werde im Herbst eröffnet. „Mit dem gemeinsamen Wasserstoff-Valley der drei Bundesländer Oberösterreich, Steiermark und Kärnten, das eine Startförderung von 20 Mio. Euro der EU erhalten hat, zeigen die drei Industriebundesländer auch europaweit auf. Die Projekte im Rahmen des Valleys sollen die Dekarbonisierung der Industrie vorantreiben. Sie befassen sich mit der gesamten Wertschöpfungskette, von der Erzeugung über den Transport bis zur Speicherung und Anwendung von grünem Wasserstoff. Das Gesamtvolumen umfasst 578 Mio. Euro, wovon der Löwenanteil mit 385 Mio. Euro auf Projekte in Oberösterreich entfällt“, unterstreicht Landesrat Achleitner. Internationale Partnerschaften spielen dabei eine zentrale Rolle. „Europa wird langfristig mindestens 60 % seines Wasserstoffbedarfs importieren müssen“, erklärte Achleitner weiter. Nordafrika und der Nahe Osten gelten als mögliche Lieferanten, aber politische Unsicherheiten und infrastrukturelle Hürden erschweren eine schnelle Umsetzung.

Martin Haslinger, Geschäftsführer der Linde Gas GmbH, erklärte: „In Österreich produzieren wir rund 37 % des Wasserstoffs in Linz – bisher hauptsächlich grauen Wasserstoff aus Erdgas. Die Umstellung auf grünen Wasserstoff ist technisch möglich, aber noch extrem teuer. Wir sehen daher weltweit weiterhin viele Investitionen in blauen Wasserstoff, der CO₂-Abscheidung nutzt.“ Besonders in den USA und im arabischen Raum werde auf diese Technologie eingesetzt, während Europa stark auf grünen Wasserstoff fokussiere.

Ein zentrales Problem bleibt die Speicherung und der Transport. Markus Mitteregger, Generaldirektor der RAG Austria, betonte die Notwendigkeit neuer Speicherlösungen. „Unsere bestehenden Erdgasspeicher könnten auf Wasserstoff umgerüstet werden. Das ist technisch machbar, aber teuer. Aktuell fehlen die regulatorischen Grundlagen und eine wirtschaftliche Perspektive.“ Eine Pipeline-Verbindung von Nordafrika nach Mitteleuropa sei in Planung, das würde 4.000 Kilometer bestehende Erdgasleitungen umfassen, die für Wasserstoff adaptiert werden könnten.

„Die Elektrolyse ist noch immer zu teuer“, sagte Davide Trebo von Siemens Energy. „Wir sehen nicht, dass Skaleneffekte die Preise in absehbarer Zeit so senken, dass grüner Wasserstoff mit fossilen Alternativen konkurrieren kann.“ Auch Haslinger äußerte sich kritisch: „Die Kosten für Elektrolyse steigen aktuell, statt zu sinken.“ Noch 2015 habe ein Megawatt an Elektrolyseleistung rund 1,2 Millionen Euro gekostet – heute sind es über 2 Millionen Euro. Sinkende Preise durch Skalierung seien bisher ausgeblieben.

Wasserstoff ist ein wichtiges Element der grünen Transformation, doch die Umstellung wird länger dauern. Investitionen in Milliardenhöhe sind notwendig, um eine tragfähige Infrastruktur aufzubauen. Ohne massive politische Unterstützung und internationale Kooperation wird der Wandel nicht gelingen, so der Tenor der Veranstaltung.