Die deutsche Bundesregierung hat sich kürzlich auf hohe Subventionen für den deutschen Industriestrompreis geeinigt. Kolportiert sind Unterstützungsleistungen für die deutschen Unternehmen in der Höhe von bis zu 28 Milliarden Euro in den nächsten vier Jahren. Deutschland erhöht somit den innereuropäischen Wettlauf rund um Subventionen im Energiebereich. Oberösterreich und Deutschland sind eng verbundene Märkte, folglich wächst durch das Unterstützungspaket auch der Druck auf die heimischen Unternehmen, vorrangig auf die für Oberösterreich besonders wichtige energieintensive Industrie. Auch andere europäische Mitgliedsstaaten greifen zunehmend in den Energiemarkt ein. Das Modell der Strompreiskompensation (SAG) wurde speziell für den Fall der hohen CO2- und Energiepreise entwickelt. Längst stärken andere Länder in der EU damit ihrer Industrie den Rücken. In Europa gehört Österreich zu einem der ganz wenigen Länder, in denen eine langfristige Strompreiskompensation noch nicht umgesetzt wurde. Deutschland, Frankreich und Italien sowie zehn weitere Mitgliedsstaaten haben ihre Strompreiskompensation bereits bis 2030 notifizieren lassen.
„Für die oberösterreichische Industrie ergibt sich im Vergleich zu Deutschland ein massiver Standortnachteil. Was es nun braucht ist eine vergleichbare Entlastung, die die Wettbewerbsfähigkeit unserer Betriebe erhält und Carbon Leakage, also die Abwanderung der energieintensiven Industrie, verhindert“, betont der Geschäftsführer der Industriellenvereinigung Oberösterreich (IV OÖ), Dr. Joachim Haindl-Grutsch.
Vor allem die in energieintensiven Unternehmen Oberösterreichs – darunter fallen die Metallerzeugung und -bearbeitung, die Papierindustrie, die Herstellung von chemischen Erzeugnissen sowie die Herstellung von Glas, Keramik und Zement – aber auch die Automotive Industrie sind von hohen Energiepreisen besonders betroffen. Deren jährliche Aufwendungen für Energie liegen in Relation zum erwirtschafteten Produktionswert deutlich über dem Durchschnitt und machen die Geschäftsmodelle dieser Unternehmen besonders anfällig für steigende Energiepreise.
Die enormen Auswirkungen auf die österreichische Volkswirtschaft verdeutlichen die folgenden Zahlen: Der Gesamtenergieverbrauch des Produzierenden Bereichs Oberösterreichs entspricht in etwa einem Drittel des Produzierenden Bereichs Österreichs. Beinahe zwei Drittel der Energie werden im Bereich Papier und Pappe (23 Prozent), Chemie und Petrochemie (21 Prozent) sowie Eisen- und Stahlerzeugung (19 Prozent) verbraucht. Rund 37.000 Personen werden beschäftigt, insgesamt (direkt, indirekt und induziert) sichert die energieintensive Industrie Oberösterreichs ca. 120.000 Beschäftigungsverhältnisse durch ihren laufenden Betrieb in der heimischen Volkswirtschaft ab, davon 66.000 in Oberösterreich. Die oberösterreichische Fahrzeugindustrie sichert 110.000 Arbeitsplätze in der heimischen Volkswirtschaft, davon 65.000 in Oberösterreich. Direkt in diesen Unternehmen sind rund 40.000 Menschen beschäftigt.
Rasche Maßnahmen gefordert
Die IV OÖ fordert rasche Maßnahmen, um den drohenden Wettbewerbsnachteil für heimische Industriebetriebe zu verhindern. Dies umfasst die Ausweitung und Verlängerung des Modells der Strompreiskompensation (SAG) bis 2030, die Reduktion der Energieabgaben auf den einfachen EU-Mindeststeuersatz sowie die Beseitigung der Nachteile durch die Strompreiszonentrennung zu Deutschland.
„Wettbewerbsfähige Energiepreise sind die Voraussetzung, wie wir den massiven Abfluss von Arbeitsplätzen in der Industrie in den nächsten Jahren verhindern können. Die Transformation in ein CO2-neutrales Energiesystem ist nur dann erfolgreich und bewältigbar, wenn die Industrie weiterhin erfolgreich am Standort Oberösterreich produzieren kann und Arbeitsplätze geschaffen werden. Klimaschutz muss auch ein volkswirtschaftlicher Erfolg für unser Land sein, der den Wohlstand am Standort erhöht und nicht senkt. Österreich ist bei Personal- und Energiekosten nicht mehr wettbewerbsfähig. Das ist aktuell eine massive Bedrohung für den Industriestandort Oberösterreich“, betont Haindl-Grutsch abschließend.