Europapolitik

Industrie: Standort Europa post-Corona stark aufstellen

IV-Präs. Knill: BusinessEurope-Präsidentenrat – Fokus auf Technologie, Digitalisierung und Qualifizierung – Gelungener Klimaschutz braucht massive Unterstützung für die Wirtschaft – Freihandel als weiteres großes Zukunftsthema

„Corona hat Europa vor massive Herausforderungen gestellt, die leider nicht immer in dem Ausmaß gemeinsam gemeistert worden sind, wie das wünschenswert gewesen wäre. Umso mehr müssen wir uns im Interesse einer raschen und nachhaltigen Bewältigung der wirtschaftlichen Krisenfolgen um verstärkte Kooperation, einen reibungslos funktionierenden EU-Binnenmarkt und einen international wettbewerbsfähigen Wirtschafts- und Industriestandort Europa bemühen“, betonte Georg Knill, Präsident der Industriellenvereinigung (IV), beim Treffen der Präsidenten der europäischen Arbeitgeber- und Industrieverbände (Council of Presidents of BusinessEurope). Auch in Zukunft könne die Industrie ein starker Treiber für Wachstum, Arbeitsplätze und allgemeinen Wohlstand sein, „wenn wir die richtigen Schwerpunkte setzen. Dazu gehören die Positionierung Europas als Technologiestandort, ein starker Fokus auf Digitalisierung und digitale Technologien sowie das Thema Qualifikation – denn Fortschritt und Innovation sind ohne qualifizierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht möglich. Europa muss daher im Wettbewerb um die besten Köpfe ganz vorne dabei sein“, so Knill. Die Zusammenkunft, die analog der wechselnden EU-Ratspräsidentschaft zweimal jährlich stattfindet – diesmal unter portugiesischem Vorsitz (Portugal übernimmt die EU-Ratspräsidentschaft Anfang 2021) –, musste sich Corona-bedingt auf einen rein virtuellen Rahmen beschränken. Diskutiert wurden zudem u.a. der Umgang mit der Corona-Krise, die zukünftigen Beziehungen der EU zum Vereinigten Königreich, der „Green Deal“ oder auch das geplante Freihandelsabkommen mit den südamerikanischen Mercosur-Staaten.

Knill: Handel frei und fair gestalten

„Noch hat COVID-19 die Welt und Europa fest im Griff und auch diesbezüglich sollten wir auf europäischer Ebene zu einem möglichst akkordierten Vorgehen finden. Aber schon jetzt müssen wir an die Zeit danach denken und die entsprechenden Weichen richtig stellen“, hielt Knill fest. Dazu gehöre die Sicherstellung von fairem, freiem internationalen Handel, „wie wir das etwa mit einem Abkommen zwischen EU und den Mercosur-Staaten erreichen könnten. Gerade Österreich könnte als massiv exportorientierte Volkswirtschaft ganz besonders profitieren. Und bedenken wir: vor wenigen Tagen hat im pazifischen Raum die weltweit größte Freihandelszone mit über 2 Mrd. Menschen Gestalt angenommen. Europa wäre gut beraten, hier rasch nachzuziehen. Andernfalls drohen wir ins Hintertreffen zu geraten“. Entsprechende Vereinbarungen über die künftigen Wirtschaftsbeziehungen brauche es auch mit dem Vereinigten Königreich. „Ziel muss es sein, die Handelsbeziehungen für beide Seiten fair und fruchtbar zu gestalten, auch wenn die Verhandlungen schwierig sind. Ein ‚Hard Brexit‘ wäre sicherlich die schlechteste Lösung für alle Beteiligten“, so der IV-Präsident, der überdies ein weiteres großes Zukunftsthema hervorhob.

Knill: Klimawandel bekämpfen, Arbeitsplätze und soziale Sicherheit erhalten

„Angesichts von COVID-19 darf eine andere Bedrohung nicht in Vergessenheit geraten. Der Klimawandel wird uns auch in Zukunft vor große Herausforderungen stellen – und Europa muss darauf reagieren. Die Industrie bekennt sich zu den Bemühungen, die Auswirkungen des weltweiten Klimawandels zu bekämpfen“, betonte der IV-Präsident. Die große Herausforderung werde aber die zu erwartende Entscheidung des Europäischen Rates zu den EU-Klimazielen 2030 sein. Das Ziel einer 55-prozentigen CO2-Reduktion könne die europäische Industrie an die Grenzen des Machbaren bringen. „Hier gilt es, entsprechende Maßnahmen zu setzen, um die beabsichtigte Transformation ohne Arbeitsplatz- und damit ohne Verluste an allgemeinem Wohlstand und sozialer Sicherheit zu erreichen“, so der IV-Präsident, der abschließend klarstellte: „Die Industrie kann in Sachen Klima- und Umweltschutz als Treiber für Innovation und technologische Entwicklung ein maßgeblicher Teil der Lösung sein. Um diese Aufgabe erfüllen zu können, braucht es Rahmenbedingungen, die auf europäischer Ebene sicherzustellen sind. Dazu gehören u.a. entsprechende Begleitmaßnahmen rund um die Themen Carbon Leakage bzw. Carbon Border Adjustments. Damit muss sich Europa intensiv beschäftigen, wenn wir Industrie, Arbeitsplätze, Wohlstand und soziale Sicherheit auf unserem Kontinent erhalten wollen.“

Über BusinessEurope

BusinessEurope – Europas bedeutendster Arbeitgeberdachverband – vertritt mehr als 20 Mio. kleine, mittlere und große Unternehmen in Europa. Der Verband vereint 41 Arbeitgeber- und Industrieverbände aus 35 Ländern und ist offizieller Arbeitgeberpartner des Europäischen Sozialen Dialoges. Die IV wurde bereits im Jahr 1986, also neun Jahre vor dem österreichischen EU-Beitritt, als offizieller und einziger Vertreter Österreichs Mitglied.