Europapolitik

Industrie: EU-Industriestrategie braucht klare Zielsetzungen

IV-GS Neumayer: Positiver Fokus auf Stärkung von Binnenmarkt, Wettbewerbsfähigkeit und strategische Technologien – Ziele und deren Erreichung bleiben vage

„Europas Industrie steht direkt und indirekt für rund 60 Millionen Arbeitsplätze und 20 Prozent der Wertschöpfung in der Europäischen Union. Es ist erfreulich, dass dem nun Rechnung getragen wird – mit einem klaren Fokus auf die Stärkung des zunehmend auch digitalen Binnenmarktes, der europäischen Wettbewerbsfähigkeit, u.a. durch Evaluierung und Überarbeitung bestehender Wettbewerbsregeln und ausländischer Subventionen, sowie die Entwicklung strategischer Technologien. Gerade letzteres ist entscheidend, wenn es darum geht, vor dem Hintergrund technologischer Entwicklung und Digitalisierung anderen Wirtschaftsräumen auch künftig auf Augenhöhe begegnen zu können“, erklärte der Generalsekretär der Industriellenvereinigung (IV), Mag. Christoph Neumayer, am heutigen Mittwoch anlässlich der gestrigen Präsentation der EU-Industriestrategie der Europäischen Kommission. Forschung, Entwicklung und Innovation seien „Schlüsselfaktoren für eine positive und wettbewerbsfähige Zukunft Europas, Instrumente wie das Forschungsrahmenprogramm ‚Horizon Europe‘ sind dabei für unsere Unternehmen von entscheidender Bedeutung“. Strategische Ziele wie die Dekarbonisierung seien nur auf technologischem Weg nachhaltig zu erreichen. „Die Europäische Kommission hat das ebenso klar erkannt, wie auch die entscheidende Rolle der Industrie als Treiber für saubere Technologien“, so Neumayer. Wünschenswert wären jedoch etwas klarere, neue Perspektiven gewesen, wie Investitionen in diesen wichtigen Zukunftsbereichen erleichtert und sichergestellt werden können. „Es werden lediglich bereits bekannte Vorschläge, wie u.a. der ‚Green Deal Investment Plan‘ oder Programme innerhalb des EU-Budgets genannt. Viele dieser Förderungen sind aber noch gar nicht beschlossen. Investitionsbegünstigungen – etwa durch weniger Bürokratie – oder neue Ideen zu Finanzierungsinstrumenten finden bedauerlicherweise kaum Erwähnung“, so der IV-Generalsekretär.

Weitere Präzisierungen nötig, Ziele quantitativ messbar machen

Sehr positiv werden seitens der Industrie die Fortführung der jährlich stattfindenden Industry Days, der Vorschlag die Implementierung der Industriestrategie zu einem fixen Diskussionspunkt am Wettbewerbsfähigkeitsrat der Wirtschaftsminister sowie dem Europäischen Parlament zu machen sowie die Einrichtung eines permanenten „Industrial Forum“ gesehen, das die Kommission bei der Umsetzung der Industriestrategie unterstützen soll. „Demgegenüber müssten aber ganz präzise Zielsetzungen stehen, die es ermöglichen, Fortschritte auch quantitativ messbar zu machen – vergleichbar etwa mit den sehr konkreten Zielsetzungen im Klima- und Umweltbereich. Es fehlt ein systematischer Ansatz, der die Umsetzung formulierter Ziele erlaubt“, gibt der IV-Generalsekretär zu bedenken. So bedinge etwa das strategische Ziel der Dekarbonisierung naturgemäß einen gesteigerten Bedarf an erneuerbarer Energie. „Dafür braucht es einen starken Ausbau von Kraftwerken für Erneuerbare sowie von Energie-Infrastruktur, um diese zu speichern und zu transportieren. Gleichzeitig ziehen sich aber die Genehmigungen wichtiger Infrastrukturprojekte über Jahre – wie wir ja auch in Österreich an der 380-KV-Leitung in Salzburg sehen“, so Neumayer. Es reiche also nicht nur, Ziele zu formulieren. Eine Industriestrategie müsse auch konkrete Schritte und Maßnahmen beinhalten, wie diese Ziele zu erreichen sind. „Hier gibt es im vorliegenden Papier der Europäischen Kommission sicherlich noch Luft nach oben“, wie der IV-Generalsekretär abschließend betont.