Oberösterreicher schätzen wirtschaftlichen Schaden des Corona-Shutdown deutlich höher ein als die gesundheitlichen Folgen des Corona-Virus – Klare Präferenz für Förderung von Ausbildung, Forschung und Zukunftstechnologien sowie Maßnahmen für mehr Wirtschaftswachstum zur Überwindung der Krise – Negative Aspekte der Globalisierung werden überbetont – Klarer Zuspruch für Nulldefizit nach der Krise
Der Ausbruch der Corona-Krise und der im März von der Bundesregierung beschlossene Shutdown haben massive Auswirkungen auf Wirtschaft und Gesellschaft in Oberösterreich. Die Industriellenvereinigung Oberösterreich (IV OÖ) ließ dazu im Zeitraum von 17. Juni bis 6. Juli 2020 von Spectra Marktforschung eine repräsentative Umfrage unter 800 Oberösterreicherinnen und Oberösterreicher durchführen, um die Meinung der Bevölkerung über die gesundheitlichen und vor allem wirtschaftlichen Folgen sowie ihre Einschätzungen und Empfehlungen zur Abmilderung der Wirtschaftskrise und der Maßnahmen der Regierung zu erheben.
Als grundsätzlich erfreuliches Ergebnis der Befragung ist festzustellen, dass die oberösterreichische Bevölkerung die wirtschaftlichen Folgen der Gesundheitskrise sehr realistisch einschätzt: 57 Prozent der Befragten sind der Überzeugung, dass der Schaden durch den Zusammenbruch der Wirtschaft größer ist als die gesundheitlichen Folgen des Corona-Virus; 37 Prozent schätzen die Schäden gleichwertig ein, nur 5 Prozent setzen den gesundheitlichen Schaden für die Bevölkerung höher an. Auffällig ist, dass mit zunehmender Bildung die Einschätzung der wirtschaftlichen Schäden deutlich zunimmt, während sich junge Bevölkerungsgruppen darüber deutlich weniger Sorgen machen. Daraus wird ersichtlich, dass mehr Wirtschaftswissen zu einem deutlich höheren Verständnis der Zusammenhänge führt. „Einmal mehr wird damit klar, dass Wirtschaftswissen in der Schulausbildung höchste Bedeutung hat und künftig mehr Priorität erhalten muss, wie auch die IV OÖ seit vielen Jahren einfordert“, erklärt IV OÖ-Präsident Dr. Axel Greiner. Daraus abgeleitet betonen 60 Prozent der Befragten, dass – um die Corona-Krise zu bewältigen – sowohl die Minimierung der Infektionsraten wie auch das Hochfahren der Wirtschaft forciert werden müssen. Das Verständnis dafür, dass ein wirtschaftlicher Aufschwung nur bei niedrigen Ansteckungsraten möglich ist, ist quer über alle Altersgruppen und Bildungsschichten gegeben. Das diesbezügliche Verantwortungsbewusstsein der Bevölkerung sei hocherfreulich, so Greiner: „Den Oberösterreichern ist bewusst, dass es sich hierbei um keine Frage von Entweder-oder sondern um ein Sowohl-als-auch handelt.“ Auch der grundsätzliche Zusammenhang über das notwendige Funktionieren des Geldkreislaufs in der Wirtschaft zum Erhalt unseres Wohlstandes ist mit 96 Prozent einem überwältigenden Teil der Bevölkerung bewusst.
Insgesamt 93 Prozent der Befragten können zudem nachvollziehen (53 % voll und ganz, 40 % teilweise), dass Arbeitsplätze, Wohlstand und soziale Absicherung ohne funktionierende Wirtschaft nicht möglich sind. Mit anderen Worten: Es gibt höchstes Verständnis für die Aussage „Wenn die Wirtschaft stillsteht, steht auch das Leben der Menschen still.“ Der hohe Stellenwert der Wirtschaft musste in dieser Dimension allerdings erst durch die größte Wirtschaftskrise seit dem 2. Weltkrieg erfahren werden. „Ich wage die Behauptung, dass die gleiche Frage im letzten Jahr gestellt signifikant niedrigere Werte erhalten hätte“, so Greiner. Die Bevölkerung habe damit ein klares Verständnis, dass ein gut ausgebautes Sozial- und Gesundheitssystem nur durch eine florierende Wirtschaft finanziert werden kann – und dies über alle Alters-, Bildungs- und Einkommensschichten.
Völlig richtig ist auch die Einschätzung der Bevölkerung, dass Tourismus gefolgt von Gastronomie, Industrie und Handel die vom Corona-Shutdown am stärksten betroffenen Branchen darstellen. Nur 10 Prozent der Befragten sehen hingegen eine Betroffenheit bei Beamten und öffentlich Bediensteten. Auf die Frage, welcher Berufsweg aufgrund der aktuellen Entwicklungen nahestehenden Jugendlichen empfohlen werden sollte – eine Berufslaufbahn eher in der Privatwirtschaft oder im öffentlichen Dienst – bewerten 42 Prozent beide Optionen gleich. Erstaunlich ist, dass mit zunehmendem Bildungsgrad und höherem Einkommen deutlich überdurchschnittlich der öffentliche Dienst empfohlen wird sowie 53 Prozent der Jugendlichen über die für sie so wichtige Zukunftsfrage keine Aussage treffen können. „Eine Beschäftigung der jungen Generation mit ihren beruflichen Karrieremöglichkeiten findet offensichtlich zu wenig statt“, sieht der IV OÖ-Präsident weiterhin viel Potenzial beim Ausbau einer professionellen Bildungs- und Berufsorientierung: „Für unseren Standort wäre es geradezu kontraproduktiv, wenn der geschützte Sektor, der kaum Auswirkungen der Krise verspürt, weiteren Zulauf erhielte und damit den Fachkräftemangel in der Wirtschaft weiter erhöhte.“
Das Engagement in der Privatwirtschaft auf globalen Märkten ist die Lebensader für den Wohlstand in Oberösterreich. Die Bedeutung des Exports für Arbeitsplätze und Wohlstand ist trotz komplexer Zusammenhänge in hohem Ausmaß in der Bevölkerung vorhanden, eine realistische Einschätzung ist gegeben. Gleichzeitig haben jedoch ein jahrelanges Globalisierungs-Bashing und der mediale Fokus auf die negativen Auswirkungen der Globalisierung die positiven Aspekte um ein Vielfaches übertroffen, was sich auch in der vorliegenden Umfrage erneut zeigt. Die in der Befragung angeführten Negativa der Globalisierung wie die Dominanz von Großkonzernen, die Umweltverschmutzung, die Ausbeutung von Menschen in Entwicklungsländern oder die Vergeudung von wertvollen Rohstoffen sind die dominanten Antworten. Auch die Abhängigkeit Österreichs vom Ausland, die im Zuge des Shutdown besonders sichtbar wurde, wird als negative Auswirkung eingestuft. „Es ist in den letzten Jahren zu wenig gelungen, den mit Abstand wichtigsten Effekt der Globalisierung als weltweites Friedens- und Armutsbekämpfungsprojekt in den Köpfen der Menschen zu verankern“, so IV OÖ-Präsident Greiner, der dazu festhält: „Länder, die miteinander in engen Handelsbeziehungen stehen, führen gegenseitig keine Kriege. Und industrielle Wertschöpfung schafft in Entwicklungsländern Arbeitsplätze, die den Aufstieg der Emerging Countries beispielsweise in Asien ermöglicht hat.“
Mit welchen Maßnahmen sollte nun die Bundesregierung generell auf die Wirtschaftskrise reagieren? Die Antworten auf diese Frage zeigen ein erfreuliches Bild und bestätigen, wie wichtig der breiten Bevölkerung Investitionen in Bildung, Forschung und Zukunftstechnologien sind und wie positiv der österreichische Weg der sozialen Marktwirtschaft mit entsprechend notwendigem Wirtschaftswachstum gesehen wird: 92 Prozent der Befragten votieren für die Förderung von Ausbildung, Forschung und Zukunftstechnologien zur Überwindung der Wirtschaftskrise, 85 Prozent präferieren den österreichischen Weg der sozialen Marktwirtschaft und 75 Prozent wollen Maßnahmen für mehr Wirtschaftswachstum setzen. Erst danach werden die Einführung von Vermögenssteuern (64 %) sowie eines bedingungslosen Grundeinkommens (60 %), die Arbeitszeitverkürzung mit vollem Lohnausgleich (53 %) oder Verstaatlichungsmaßnahmen (36 %) als Möglichkeiten für die Überwindung der Wirtschaftskrise gesehen. „Auch die aktuelle Diskussion zu diesen Themen zeigt, dass diese Maßnahmen auf den ersten Blick für manche eine Wunschlösung darstellen, um mehr soziale Gerechtigkeit zu erzielen, bei genauerer Betrachtung jedoch das Gegenteil bewirken und in der aktuellen Krisenphase die wirtschaftlichen Schäden weiter erhöhen würden“, betont IV OÖ-Geschäftsführer Dr. Joachim Haindl-Grutsch. Die Gründe dafür seien eine Verteuerung des Faktors Arbeit, eine Arbeitsplatzvernichtung in niedrig qualifizierten Bereichen, eine Verschärfung des Fachkräftemangels und daraus resultierend eine Vertreibung von Investoren. „Darüber hinaus würden zusätzliche Vermögenssteuern die Eigenkapitalbasis der Unternehmen, die bereits durch Corona massiv unter Druck geraten ist, zusätzlich verringern.“ Gerade durch die aktuelle Wirtschaftskrise dürfte das Bewusstsein deutlich zugenommen haben, wie entscheidend Unternehmensgewinne und Wirtschaftswachstum zur Erhaltung von Arbeitsplätzen und in weiterer Folge über die Steuern und Abgaben zur Absicherung unseres Sozialnetzes beitragen.
Welche Maßnahmen sind aber nun aus Sicht der Bevölkerung prioritär, um die Wirtschaft wieder in Schwung zu bringen? Auch hier zeigt sich eine sehr realistische Einschätzung durch die Oberösterreicherinnen und Oberösterreicher. Nach den ersten Maßnahmen der Bundesregierung stehen jetzt die Senkung der Lohnnebenkosten (80 %), die Förderung von Unternehmensinvestitionen (80 %), Investitionen in die Infrastruktur (76 %), Kredite und Haftungen für Unternehmen (74 %) sowie Steuersenkungen für Bürger und Unternehmen (69 %) im Mittelpunkt. Als nicht sinnvoll werden hingegen die Erhöhung des Arbeitslosengeldes (39 %), generelle Steuererhöhungen (11 %) und die Kürzung von Sozialleistungen (19 %) gesehen. „Die Einstellung der Bevölkerung zeigt einmal mehr, dass alte Klassenkampfparolen in den 2020er-Jahren keine Zustimmung mehr erfahren und als Beitrag zur Bewältigung der Krise als untauglich eingestuft werden“, so Haindl-Grutsch: „Eine positive Zukunft kann nur gelingen, wenn es zu Win-win-Lösungen für Bürger und Unternehmen kommt und nicht Maßnahmen zugunsten der einen Seite auf Kosten der anderen Seite gehen.“
Als völlig richtig hat sich der Budgetkurs der OÖ. Landesregierung und zuletzt 2019 auch der Bundesregierung erwiesen. Eine relative Mehrheit von 49 Prozent tritt für eine Rückkehr zu einem ausgeglichenen Staatshaushalt und einen Abbau der Schulden nach Bewältigung der Krise ein, lediglich ein gutes Drittel der Befragten (35 %) vertritt die gegenteilige Ansicht und meint, es wäre besser weiter Schulden zu machen, um die Nachteile der Krise abzufedern. Nur 5 Prozent der Befragten plädieren für Steuererhöhungen. „Gerade in Folge der Corona-Krise zeigt sich, dass Länder mit gesunden Haushalten – wie die Schweiz, Deutschland, die Niederlande oder die skandinavischen Länder – wesentlich mehr finanzielle Kraft zur Abfederung der Krise haben und in weiterer Folge weiterhin mit niedriger Staatsschuldenquote aktiv und eigenständig ihre Zukunft gestalten können. Hingegen werden Länder mit hoher Verschuldung wie Italien oder Frankreich zunehmend von fremder Hilfe abhängig und kommen im Falle einer möglichen späteren Zinserhöhung massiv unter Druck“, so IV OÖ-Geschäftsführer Dr. Joachim Haindl-Grutsch abschließend.