Arbeit, Soziales, Gesundheit

Klares „Ja“ zur Mehrarbeit

Spectra-Umfrage: Die Hälfte der Erwerbstätigen kann sich Mehrarbeit vorstellen – Ein Viertel der Teilzeitbeschäftigten würde Arbeitszeit sogar auf Vollzeit verdoppeln – Höheres Einkommen als Hauptmotivationsfaktor – Steuerliche Begünstigung von Mehrarbeit daher unabdingbar, um Österreich wieder von der Freizeit- zur Leistungsgesellschaft zu machen – Nächste Bundesregierung muss ein Standortrettungspaket schnüren

Die Industriellenvereinigung Oberösterreich (IV OÖ) beauftragte Spectra Marktforschung mit einer Umfrage in der oberösterreichischen Bevölkerung zu ihrer Einstellung zur Arbeit. Die Erhebung richtete sich an 801 Personen, repräsentativ für die oberösterreichische Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter bis 69 Jahre und wurde im August dieses Jahres durchgeführt. Ziel der Studie ist es, detaillierte Informationen über Arbeitszeitgewohnheiten und die Bereitschaft zur Mehrarbeit in Oberösterreich zu erfassen. Zudem wurden die wahrgenommenen Auswirkungen veränderter Arbeitszeiten auf Wirtschaft, Wettbewerbsfähigkeit und Sozialsystem in Österreich bewertet. „Wir müssen die Produktivität ankurbeln und die Menschen zur Mehrarbeit motivieren. Mit einer Teilzeitgesellschaft lässt sich kein Vollzeit-Wohlstand finanzieren“, erklärt der Geschäftsführer der IV OÖ, Dr. Joachim Haindl-Grutsch

Potenzial für Mehrarbeit vorhanden
Die Umfrageergebnisse zeigen, dass 52 Prozent der erwerbstätigen Oberösterreicher sich grundsätzlich vorstellen können, mehr zu arbeiten. Auffällig ist hierbei die etwas höhere Bereitschaft unter Männern (55 Prozent) im Vergleich zu Frauen (49 Prozent). Auch jüngere Erwerbstätige und Vollzeitbeschäftigte signalisieren eine größere Bereitschaft zur Mehrarbeit. 53 Prozent der Vollzeitkräfte sind bereit, ihre Arbeitszeit zu erhöhen, während dies bei den Teilzeitbeschäftigten auf 48 Prozent zutrifft. Der Bausektor weist mit 66 Prozent die höchste Bereitschaft zur Mehrarbeit auf, wohingegen im Gesundheits- und Sozialwesen nur 41 Prozent der Beschäftigten eine Ausweitung ihrer Arbeitszeit in Erwägung ziehen.

Foto: IV OÖ / Spectra

Die durchschnittlich angegebene zusätzliche Arbeitszeit liegt bei 8,5 Stunden pro Woche. Vollzeitkräfte sehen ein Potenzial für bis zu 7,4 Stunden mehr Arbeit, während Teilzeitkräfte sogar 11,6 Stunden als möglich erachten. Rund die Hälfte derjenigen, die Mehrarbeit befürworten, sieht eine Erhöhung von bis zu 5 Stunden pro Woche als realistisch an. Besonders bemerkenswert ist, dass fast ein Viertel der Teilzeitbeschäftigten (23 Prozent) angibt, sich eine Aufstockung von 20 Stunden pro Woche vorstellen zu können, was einer Umstellung von Teilzeit auf Vollzeit gleichkäme.

Motivationen für Mehrarbeit
Die stärkste Motivation für Mehrarbeit ist für 93 Prozent der Befragten ein höheres Einkommen. Diese Zahl verdeutlicht, dass finanzielle Anreize nach wie vor der entscheidende Faktor sind, wenn es um die Bereitschaft geht, mehr zu leisten. Besonders die steuerlich begünstigte Auszahlung von Mehrarbeit wirkt anziehend. 86 Prozent der Befragten sehen darin einen entscheidenden Vorteil. Eine höhere Pension ist für 78 Prozent ein Motivationsfaktor. Für über die Hälfte (56 Prozent) wäre auch die Umwandlung der Mehrarbeit in Urlaubstage ein Beweggrund für Mehrarbeit. 53 Prozent nennen mehr Verantwortung in der Tätigkeit und 52 Prozent beruflichen Aufstieg als Motive.

Auf der anderen Seite zeigt die Umfrage vor allem zwei deutliche Barrieren auf: Fast die Hälfte (46 Prozent) derjenigen, die keine Mehrarbeit leisten möchten, gibt an, dass ihnen die Freizeit wichtiger ist als die Arbeit. Als zweitwichtigster Grund wird „Mehrarbeit lohnt sich nicht“ genannt. Fehlende Kinderbetreuungsmöglichkeiten (11 Prozent) sowie Pflegeaufgaben (4 Prozent) sind weitere Gründe, die von Frauen (16 Prozent bzw. 7 Prozent) erwartungsgemäß stärker betont werden.

Foto: IV OÖ / Spectra


Mehrheit sieht positive wirtschaftlicher Effekte für das Land

Foto: IV OÖ / Spectra

Von den 55 Prozent der Befragten, die eine Verbindung zwischen ihrer Arbeit und dem Wohlstand der Region erkennen, nennen 33 Prozent die Steuereinnahmen als positiven Effekt von Mehrarbeit, gefolgt von der finanziellen Stabilität (32 Prozent). Effekte wie die Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit (24 Prozent) oder der Produktionszuwachs (23 Prozent) werden ebenfalls stark wahrgenommen. Auf der anderen Seite sehen 45 Prozent diese Effekte nicht oder können sie nicht beurteilen.

Klares Bild zur Wettbewerbsfähigkeit
Die Ergebnisse der Umfrage machen auch klar, welche Faktoren aus Sicht der Oberösterreicher entscheidend sind, um die Wettbewerbsfähigkeit der Region langfristig zu sichern. 92 Prozent der Befragten sehen verfügbare Arbeitskräfte als Schlüsselfaktor für den Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit. Dicht dahinter folgen Investitionen in Bildung und 
Forschung (91 Prozent), die als ebenso entscheidend bewertet werden. 88 Prozent der Befragten fordern eine hohe Produktivität sowie eine schlanke Verwaltung mit wenig Bürokratie. Nur 34 Prozent nennen eine Erhöhung des Pensionsantrittsalters als wichtigen Beitrag zur Sicherung des Sozialsystems, hier ist offensichtlich noch erhöhter Kommunikationsbedarf über die Auswirkungen gegeben. 

Foto: IV OÖ / Spectra

Ein besonderes Augenmerk legen die Befragten auf die Pensionierungswelle der Babyboomer. 64 Prozent der Oberösterreicher erwarten sinkende Steuereinnahmen durch den Ruhestand der geburtenstarken Jahrgänge. 60 Prozent befürchten reduzierte Sozialleistungen und 58 Prozent gehen von einer steigenden Staatsverschuldung aus. Lediglich 32 Prozent sehen jedoch eine direkte Gefährdung von Arbeitsplätzen durch die Pensionierungswelle. Dies zeigt, dass der demografische Wandel als finanzielles Risiko wahrgenommen wird, jedoch noch nicht im Kontext des Arbeitsmarktes.

Foto: IV OÖ / Spectra

„Die Umfrageergebnisse verdeutlichen, dass eine signifikante Bereitschaft zur Mehrarbeit besteht, die durch steuerliche Anreize gefördert werden muss. Um Österreich wieder von der Freizeit- zur Leistungsgesellschaft zu machen, muss sich Mehrarbeit auch finanziell wieder viel stärker lohnen. Besonders erfreulich ist auch, dass die Bevölkerung ein sehr klares Bild über die Faktoren zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit des Standortes Österreich hat“, erklärt IV OÖ-Geschäftsführer Joachim Haindl-Grutsch abschließend. „Die nächste Bundesregierung ist am Zug, diese Einstellungen mit einem Standortrettungspaket in die Tat umzusetzen.“