Aktuelle Schwerpunkte

Gas und Bremse

Aktuelle IV OÖ Blitzumfrage zeigt eindeutiges Bild – Firmenchefs der OO. Industrie schätzen mehrheitlich den konstruktiven und pragmatischen Start der neuen Bundesregierung – Regierungsprogramm erfüllt aber nicht die Erwartungen – Hauptkritik betrifft das Fehlen von Entlastungsmaßnahmen und Investitionsanreizen – Keine Aufbruchstimmung in der OÖ. Industrie – Gas geben bei Offensivmaßnahmen und Bremsen bei Ausgaben durch mutige Reformschritte gefordert

Wirtschaftlich verharrt Österreich auch 2025 in der Rezession, die heimische Industrie wird auch in diesem Jahr besonders stark schrumpfen, der Wettbewerbsdruck ist enorm. Unser Land ist aufgrund der viel zu stark gestiegenen Personal- und Energiekosten zum Schlusslicht in Europa geworden. Die Industriellenvereinigung Oberösterreich (IV OÖ) hat auf diese negative Entwicklung bereits vor zwei Jahren verwiesen und ein kurzfristig wirksames Standort-Rettungspaket gefordert. „Jetzt ist der Schaden angerichtet“, betont der Geschäftsführer der IV OÖ, Dr. Joachim Haindl-Grutsch.

Politisch wurde nach mehr als fünf Monaten eine neue Regierung gebildet, ein neues Regierungsprogramm wurde vorgestellt. Eine in den letzten Tagen durchgeführte Blitzumfrage der Industriellenvereinigung Oberösterreich (IV OÖ) erhebt die aktuelle Stimmungslage in der OÖ. Industrie. An der Blitzumfrage haben 77 Firmenchefs von Großbetrieben wie auch mittelständischen Unternehmen teilgenommen. Die wirtschaftliche Lage in den Betrieben zeigt sich dabei weiterhin sehr angespannt: 40 Prozent planen laut Umfrage weiteren Beschäftigungsabbau, bei weiteren 40 Prozent bleibt der Personalstand stabil bzw. ist der Abbau schon erfolgt, 20 Prozent planen mit einem Zuwachs an Mitarbeitern.

Wie zufrieden sind die Mitglieder mit dem Start der neuen Regierung und den kommunizierten Inhalten des Regierungsprogramms?
Insgesamt zeigen sich 45 Prozent zufrieden, 38 Prozent weniger zufrieden und 15 Prozent gar nicht zufrieden. Sehr zufrieden äußern sich 2 Prozent. Kommentiert wird diese Frage damit, dass der konstruktive und pragmatische Start gelungen ist und es jetzt aber auf die Umsetzung der vielfach richtig adressierten Überschriften im Regierungsprogramm ankommt. Den Worten müssen jetzt Taten folgen, mehr Ambition wird gefordert. Auch die an den Tag gelegte Kompromissbereitschaft und Geschlossenheit in der Koalition wird positiv hervorgehoben.  

Was sind aus der Sicht der Firmenchefs besonders positive Punkte im Regierungsprogramm?
Positiv hervorgehoben werden das Bekenntnis zu Europa und der EU, die internationale Ausrichtung und das Verhindern einer Abschottung Österreichs. Am häufigsten genannt wird die Ambition des Bürokratieabbaus und damit verbunden die Ernennung eines Deregulierungs-Staatssekretärs. Weiters positiv betont werden die Themen „Arbeiten im Alter“, die Erarbeitung einer Industriestrategie, die Beibehaltung des Forschungsfördersystems, der Anspruch der Budgetsanierung sowie der geplante Ausbau der Infrastruktur. Auch die Hoffnung auf Verbesserungen im Bildungssystem wird deutlich. Als wichtig wird auch die Abschaffung des Klimabonus und der Bildungskarenz gesehen.

Wo entspricht das Regierungsprogramm nicht den Erwartungen der OÖ. Industrie?
Mit Abstand am häufigsten wird moniert, dass das Regierungsprogramm zu wenig konkret ist und es kaum positive Maßnahmen zur kurzfristigen Entlastung der Betriebe und zur Ankurbelung der Wirtschaft beinhaltet. Gleich dahinter folgt die Kritik an fehlenden Strukturreformen, es wird Mutlosigkeit konstatiert. Die Wettbewerbsfähigkeit des Standortes wird damit in keiner Weise verbessert. Unter den negativen Kommentaren finden sich auch die Wiedereinführung eines Drittels der kalten Progression, die Bankenabgabe, der Energiekrisenbeitrag, die Einführung neuer Steuern statt der Senkung der Steuerquote oder auch das Fehlen von Investitionsanreizen.

Reicht das für die Betriebe aus, um eine Aufbruchstimmung zu erzeugen?
86 Prozent der teilnehmenden Firmenchefs sagen klar „nein“, nur 14 Prozent sind diesbezüglich zuversichtlich. Die Stimmung ist dabei sowohl bei den Großbetrieben wie auch in der mittelständischen Industrie gleichermaßen negativ. In einigen Rückmeldungen wird die Hoffnung geäußert, dass die neue deutsche Regierung einen Umschwung auch für Österreich auslösen könnte.

Welche Maßnahmen stehen ganz oben am Wunschzettel, um das Vertrauen in den Standort kurzfristig zu verbessern
Höchste Priorität haben dabei folgende Themen, um die Rezession und die Abwanderung der Industrie zu beenden und eine Aufbruchstimmung zu erzeugen:

  1. Strompreiskompensation, die generelle Entlastung der energieintensiven Industrie sowie eine Neugestaltung der Energiemärkte (Stichwort Merit Order) und der Ausbau der Energieinfrastruktur
  2. Lohnnebenkostensenkung bzw. allgemein Maßnahmen gegen die enorm gestiegenen Lohnstückkosten
  3. Bürokratieabbau inkl. einem Stopp des Gold Platings von EU-Richtlinien, die generelle Verschlankung des Staates inkl. Föderalismus-Reform und die Reduktion der Förderungen mit der Gießkanne
  4. Steuerliche Anreize zum Mehrarbeiten („Leistung muss sich lohnen-Paket“)
  5. Investitionsanreize für Betriebe und Konsumenten
  6. Infrastrukturausbauprogramm sowie Ankurbelung der Baukonjunktur
  7. Bürokratische Vereinfachung und Beschleunigung der Forschungsförderung

Welche Reformen wünscht sich die OÖ. Industrie?
Generell gibt es die klare Überzeugung in der OÖ. Industrie, dass nur ein schlanker Staat mit weniger Steuern und mehr Leistung für mehr Wettbewerbsfähigkeit und mehr Wohlstand sorgt. Aus diesem Grund braucht es neben kurzfristigen Maßnahmen unbedingt auch mittel- bis langfristig wirksame Reformen, um Österreich wieder vom Pannenstreifen auf die Überholspur zu bringen. An vorderste Front steht eine Pensionsreform gefolgt von einer Bildungsreform, einer Reform des Steuersystems (inkl. Vereinfachungen und Anreizmechanismen) und einer Staatsreform (inkl. Förderalismusreform und der weiteren Digitalisierung der Verwaltung) sowie eine Gesundheitsreform.

Ohne mutige Maßnahmen kein Licht am Ende des Tunnels
„Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die OÖ. Industrie den Start der neuen Bundesregierung wohlwollend begleitet, aber klare Maßnahmen für den Standort einfordert, um aus der chronischen Stagnation Österreichs herauszufinden und wieder Zuversicht und Vertrauen zu erzeugen“, betont Haindl-Grutsch. „Die Betriebe stehen in vielen Branchen der Industrie unter massivem internationalem Kostendruck, der Abfluss von Wertschöpfung und Arbeitsplätzen ist weiterhin in vollem Gang, die Deindustrialisierung setzt sich mit hoher Dynamik fort. Damit ein Licht am Ende des Tunnels sichtbar wird, muss die Bundesregierung neben der notwendigen Konsolidierung des Haushaltes verbunden mit mutigen Reformschritten auch Offensivmaßnahmen setzen. Gas und Bremse müssen gleichzeitig bedient werden. Mit einer Rekordsteuerquote von 44 Prozent muss Österreich in der Lage sein, einen gesunden Haushalt, ein dichtes soziales Netz und eine professionelle Standortpolitik darstellen zu können“ so Haindl-Grutsch abschließend.