Arbeitskräftemangel: Es ist höchste Zeit zu handeln!

Umfrage zur Wahrnehmung von Arbeitskräftemangel und Leistungsbereitschaft in OÖ zeigt klares Bild - Praktisch jeder weiß, dass es durch den Arbeitskräftemangel zu Leistungseinschränkungen kommt – Fast jeder zweiter Oberösterreicher ist bereits persönlich davon betroffen – Mehr als drei Viertel haben den Eindruck einer gesunkenen Leistungsbereitschaft in der Bevölkerung – Arbeitskräftemangel führt zu Wohlstandsverlust in der Bevölkerung sowie zur Unfinanzierbarkeit des Sozialsystems – Steuerliche Anreize zum Mehr-Arbeiten dringend notwendig

Österreich ist in der Europäischen Union die Nummer eins bei der Zahl der unbesetzten Stellen, auch die Zahl der Mangelberufe ist auf Rekordniveau. Während die Zahl der Teilzeit-Beschäftigten in den letzten drei Jahrzehnten in Österreich stark angestiegen ist, stagnierte die Zahl der Vollzeit-Beschäftigten. „Der enorme Arbeitskräftemangel in Oberösterreich hat längst alle Teile der Wirtschaft und des öffentlichen Diensts erreicht. Die Folge sind Dienstleistungseinschränkungen in der Medizin, der Pflege, in den Schulen, in Hotellerie und Gastronomie sowie Produktionsverlagerungen der Industrie ins Ausland. In den kommenden Jahren wird der Bedarf an richtig qualifizierten Arbeitskräften aufgrund der umfassenden Investitionen in die Twin Transition von Digitalisierung und Dekarbonisierung weiter stark zunehmen, durch die negative demografische Entwicklung wird jedoch das Angebot an Arbeitskräften deutlich sinken und damit das Problem weiter verschärfen“, betont Joachim Haindl-Grutsch, Geschäftsführer der Industriellenvereinigung Oberösterreich (IV OÖ).

 Eindeutige Umfrageergebnisse

Vor diesem Hintergrund führte das Marktforschungsinstitut Spectra im Auftrag der Industriellenvereinigung Oberösterreich (IV OÖ) eine Umfrage (n=807, repräsentativ für die oberösterreichische Bevölkerung ab 16 Jahren) zu den Themen Arbeitskräftemangel und Leistungsbereitschaft durch. Die wichtigsten Ergebnisse werden nachfolgend zusammengefasst:

 „Der Umstand, dass die Unternehmen unter Arbeitskräftemangel leiden, hat sich im Land auf breitester Basis herumgesprochen“, so Haindl-Grutsch. Praktisch jeder (94 Prozent) hat davon gehört, dass die Betriebe Probleme haben Mitarbeiter zu finden und dass es durch die fehlenden Arbeitskräfte zu Leistungs- und Produktionseinschränkungen kommt. 81 Prozent – unter den 30- bis 49-Jährigen sogar 91 Prozent – kennen sogar im eigenen persönlichen Umfeld Unternehmen und Dienstleister, die Schwierigkeiten haben Personal zu rekrutieren.

Generelles Wissen über den Arbeitskräftemangel:

Foto: IV OÖ / Spectra

Auf die Frage ‚Waren Sie bisher vom Arbeitskräfte-Mangel bei Unternehmen, in Geschäften, bei Ärzten, in Krankenhäusern, Pflegeheimen, in der Gastronomie oder anderen Dienstleistern in irgendeiner Form betroffen?‘ antworten 42 Prozent mit ja. „Dass bereits fast jeder Zweite vom Arbeitskräftemangel persönlich betroffen ist, zeigt, wie besorgniserregend die Situation ist“, betont Haindl-Grutsch.

 Fragt man nach den Gründen für den Arbeitskräftemangel, erhält man ein breit gestreutes Bild: An der Spitze der Ursachen steht die Meinung, dass viele Frauen nicht oder nur wenig arbeiten können, weil die Kinderbetreuung fehlt. Als zweithäufigste Ursache wird angeführt, dass viele Menschen keine Überstunden mehr leisten wollen, weil sich das finanziell zu wenig lohnt. Weitere wesentliche Gründe aus Sicht der Bevölkerung sind schlecht qualifizierte Zuwanderer, das generelle Fehlen an gut ausgebildeten Arbeitskräften sowie die zu hohe Besteuerung des Einkommens.

Gründe für den Arbeitskräftemangel:

Foto: IV OÖ / Spectra

Nach Lösungen befragt, wie der Arbeitskräftemangel verringert werden könnte, sehen die Oberösterreicherinnen und Oberösterreicher folgende vier Themenbereiche im Vordergrund:

  • die Steuern auf das Einkommen zu senken, um ein höheres Nettoeinkommen zu ermöglichen
  • die Kinderbetreuung zu verbessern
  • möglichst flexible Arbeitszeiten anzubieten
  • Pensionisten, die freiwillig weiterarbeiten wollen, sollen steuerlich entlastet werden

 Gesunkener Leistungswille in der Gesellschaft

Wie denkt die Bevölkerung über die Arbeits- und Leistungsbereitschaft der Österreicher? Hat man den Eindruck, dass die Bereitschaft und der Wille möglichst viel zu leisten in den letzten 20-30 Jahren aufgrund unseres Wohlstands eher gesunken oder eher gestiegen ist? Die Antworten zeigen ein mehr als klares Bild und fallen ziemlich ernüchternd aus. 78 Prozent der Oberösterreicherinnen und Oberösterreicher gehen davon aus, dass die Leistungsbereitschaft gesunken ist, wobei 35 Prozent meinen, der Wille zur Leistung sei sogar sehr stark gesunken (43 Prozent etwas gesunken). Auch Jüngere (16-29-Jährige) schließen sich dieser Meinung an, urteilen allerdings zurückhaltender. 58% sprechen von einer gesunkenen Leistungsbereitschaft (23% stark gesunken, 35% etwas gesunken).

Leistungswille in den letzten 20-30 Jahren:

Foto: IV OÖ / Spectra

Wunsch nach mehr Freizeit als Grund für Teilzeitarbeit bei jungen Menschen

Die Erhebung ging unter anderem ‚offen‘ der Frage nach, warum viele junge Menschen beim Berufseinstieg oftmals nur Teilzeit arbeiten wollen. Die ungestützten Antworten auf diese Frage sind eindeutig: „Bei jungen Menschen steht Work-Life-Balance“ hoch im Kurs, dies kommt in den Begründungen in den verschiedensten Facetten zum Ausdruck. Der Wunsch nach mehr Freizeit ist der Hauptgrund für Teilzeitarbeit“, erklärt Haindl-Grutsch.

Warum junge Menschen oftmals nur Teilzeitarbeit anstreben (spontane Antworten):

Foto: IV OÖ / Spectra

„Am Arbeitsmarkt entscheidet sich die Zukunft unseres Landes. Die Ergebnisse der Umfrage verdeutlichen einmal mehr, dass die die Bundesregierung dringend steuerliche Anreize setzen muss, die Mehr-Arbeit und nicht Weniger-Arbeit belohnen. Vollzeitarbeit, Überstunden und das freiwillige Weiterarbeiten in der Pension müssen sich Netto für die Menschen viel stärker lohnen. Der Arbeitskräftemangel wird sich durch die demographische Entwicklung in den nächsten Jahren massiv verschärfen und den Wirtschaftsstandort enorm beschädigen. Das führt zu Wohlstandsverlust in der Bevölkerung sowie zur Unfinanzierbarkeit des Sozialsystems. Es ist jetzt höchste Zeit zu handeln“, betont Haindl-Grutsch abschließend.