Standort Oberösterreich: Tempo! Tempo! Tempo!

Oberösterreichs Industriekonjunktur kühlt weiter auf „Normaltemperatur“ ab – Optimismus in den Betrieben nimmt ab, die Vorsicht nimmt zu – Für den Aufstieg unter die Top-Regionen Europas muss Oberösterreich bei den Kosten auf der Bremse bleiben und bei den Zukunftsthemen noch stärker auf das Gaspedal steigen

Das Konjunkturbarometer zeigt weiterhin abwärts, die Abkühlung auf eine „Normaltemperatur“ setzt sich fort. Mit diesem Satz lassen sich die Ergebnisse der IV OÖ-Konjunkturumfrage über das 1. Quartal 2019, an der sich 102 Unternehmen mit insgesamt mehr als 113.000 Mitarbeitern beteiligten, am treffendsten zusammenfassen. Vor allem bei der Frage nach der derzeitigen Geschäftslage ist der Saldo aus Positiv- und Negativmeldungen gegenüber dem Vorquartal noch einmal deutlich zurückgegangen. Gewichtet nach Mitarbeiterzahlen beurteilten 44 Prozent der Unternehmen die aktuelle Geschäftslage mit „steigend bzw. gut“, 7 Prozent mit „schlechter“; der Saldo liegt damit bei 37 Prozentpunkten und somit um 14 Punkte niedriger als noch im 4. Quartal 2018. Der signifikante Rückgang ergibt sich aber nicht aus einem Anstieg der Negativmeldungen, sondern aus einer verstärkten Verschiebung früherer Positivantworten in Richtung Mitte. „In der OÖ. Industrie ist das 1. Quartal 2019 von weniger Optimismus und mehr Vorsicht gekennzeichnet“, interpretiert Dr. Joachim Haindl-Grutsch, Geschäftsführer der Industriellenvereinigung Oberösterreich (IV OÖ) die jüngsten Umfrageergebnisse. Die Sorge um einen Absturz oder gar eine Rezession sei allerdings nicht herauszulesen. Die zunehmende Vorsicht sei vor allem dem internationalen Umfeld und den zahlreichen internationalen Unsicherheiten wie z.B. der Freihandelsdiskussion oder der Abschwächung des Wachstums in China geschuldet.

Die Ergebnisse im Detail

Diese Einschätzung wird durch eine weiterhin relativ gute Auftragslage in den Betrieben untermauert. So haben sich die Salden bei den derzeitigen Auftragsbeständen von 56 auf nunmehr 48 Punkte und bei den Auslandsaufträgen von 55 auf 50 Punkte reduziert, sie befinden sich damit aber weiterhin auf einem recht guten Niveau und über dem Durchschnitt der Stagnationsjahre 2012 bis 2016. Einen deutlichen Rückgang gab es allerdings bei den Verkaufspreisen in 3 Monaten (Saldo: -9 Punkte, zuvor +5); hier kippte der Saldo in den Minusbereich und damit auch die Einschätzung der Ertragssituation in 6 Monaten, die sich bei einem Saldo von -7 Punkten verfestigt hat. „Die Unternehmen verspüren durch hohe Kollektivvertragsabschlüsse und deutlich gestiegene Energie- und Rohstoffpreise einen erhöhten Kostendruck“, erklärt dazu Haindl-Grutsch. „Gepaart mit einer sich eintrübenden Konjunktur ergibt sich daraus ein entsprechend schwierigeres Umfeld, das uns länger begleiten wird. Insofern ist jetzt eine Steuerreform, die zeitnah kommt, die richtige Antwort auf diese Entwicklungen.“

Der Beschäftigtenstand bleibt aber weiterhin stabil: Die Zahl der Unternehmen, die eine Erhöhung der Mitarbeiterzahl planen (19 Prozent), ist sogar leicht gestiegen, gleichzeitig aber auch der Anteil der Betriebe, die an einen Abbau denken (8 %). Gingen im Vorquartal noch 83 Prozent der Unternehmen von einem gleichbleibenden Beschäftigtenstand aus, sind es nun um 10 Prozentpunkte weniger – Sondereffekte infolge der deutlich schwieriger gewordenen Rahmenbedingungen in der Autoindustrie beginnen sich auszuwirken. Als Ergebnis daraus wird die Geschäftslage in 6 Monaten unverändert vorsichtig eingeschätzt, gleichbleibend bei einem Saldo von -8 Punkten klar im negativen Bereich. Die Unternehmen profitieren derzeit noch von Aufträgen der letzten Jahre, die Zukunftsaussichten sind aber schon deutlich gedämpft. „Summa summarum gibt es in jenen Branchen, die sehr zyklisch sind und stark auf die globale Nachfrage reagieren, wie z.B. im Maschinen- und Fahrzeugbau, wesentlich mehr konjunkturelle Fragezeichen, als in Branchen mit stabiler regionaler Nachfrage, wie z.B. in der Bau- oder in der Nahrungsmittelindustrie“, so Haindl-Grutsch. Von einer „schlechten Konjunktur“ sei jedoch noch nicht zu sprechen: „Es handelt sich um eine Normalisierung, gekennzeichnet von verstärkter Vorsicht. Die Zeiten des überdurchschnittlichen Wachstums sind aber vorbei – wohin es geht, bleibt weiterhin offen!“

Oberösterreichs Aufstieg mit Nachdruck vorantreiben!

Eines steht angesichts der jüngsten Konjunkturumfrageergebnisse fest: Die nächsten Jahre werden konjunkturell deutlich herausfordernder, die Unsicherheit nimmt weiter zu. Letztlich ist es nur eine Frage der Zeit, bis die nächste Rezession vor der Tür steht. „Ob in zwei Jahren oder erst in fünf, die nächste Rezession wird kommen“, betont Haindl-Grutsch. Umso mehr sei es jetzt für die Standortattraktivität von Oberösterreich notwendig, das Ziel des Aufstiegs in Richtung der Top-10-Industrieregionen Europas mit hoher Dynamik weiter zu verfolgen. Gerade weil sich das Umfeld in dramatischem Tempo verändert – beispielsweise bei Antriebstechnologien, selbstfahrenden Fahrzeugen, Künstlicher Intelligenz und der Digitalisierung industrieller Wertschöpfungsprozesse. „Oberösterreich muss nach erfolgreichem Kurswechsel in der Finanzpolitik konsequent auf der Kostenbremse bleiben und die Effizienz öffentlicher Leistungen erhöhen. Zugleich gilt es, bei den Zukunftsthemen in den Bereichen Bildung, Forschung und Digitalisierung verstärkt Gas zu geben“, so der IV OÖ-Geschäftsführer. Ein Aufstieg im Regional Competitiveness Index (RCI) der europäischen Regionen müsse schon bei der nächsten Auswertung sichtbar werden. Dazu muss die Vision des Aufstiegs vom Mittelfeld in die europäische Spitze mit Nachdruck strategisch umgesetzt werden. Die Industrie, die Hochschulen und die außeruniversitären Forschungseinrichtungen sind jene Akteure, die die größte Hebelwirkung auf die Standortqualität haben. Die Doppelstärkefelder von Oberösterreich, bestehend aus wissenschaftlicher Exzellenz und industrieller Wertschöpfung müssen intensiv forciert werden. „Oberösterreich muss seine individuellen Stärken nachhaltig ausbauen. Dazu ist eine Zusammenarbeit von Stadt Linz und Land Oberösterreich unabdingbar, um den Schwung der letzten Jahre beizubehalten!“, erklärt IV OÖ-Geschäftsführer Dr. Joachim Haindl-Grutsch abschließend.

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