Wann kommt der Rückenwind?

Konjunkturdaten im Vergleich zum Vorquartal weitgehend unverändert – aktuelle Geschäftslage bleibt schwach – rückläufiger Optimismus für die nächsten drei bis sechs Monate – Beschäftigungsabbau setzt sich fort – Aufbruch aus der Stagnation braucht standortpolitischem Rückenwind der Bundesregierung

Zuletzt ließen die aktualisierten Konjunkturprognosen von Wifo und IHS etwas Optimismus in Österreichs Wirtschaft aufkommen. „Nullwachstum statt Rezession reicht in der aktuellen Situation, in der sich der Standort befindet, schon aus, um die Stimmung zu verbessern. Im Rahmen des Industrieempfanges hat die IV ganz bewusst das Motto ‚Aufbruch‘ gewählt. Es ist Zeit, endlich in den Offensivmodus zu kommen“, betont der Geschäftsführer der Industriellenvereinigung Oberösterreich (IV OÖ), Dr. Joachim Haindl-Grutsch. „Zuversicht, die Probleme lösen zu können, ist notwendig. Darauf müssen aber Taten folgen, denn die internationale Wirtschaftsentwicklung wird uns diese Aufgabe nicht abnehmen. Die aktuellen Konjunkturdaten verdeutlichen das erneut.“ 

Die Konjunktur-Ergebnisse im Detail
Die aktuelle Stimmungslage in der OÖ. Industrie zeigt sich nahezu unverändert, wie aus den Ergebnissen der Konjunkturumfrage der IV OÖ über das zweite Quartal 2025 (112 teilnehmende Firmen mit insgesamt rund 112.000 Beschäftigten) hervorgeht. Während die aktuellen Indikatoren tief im negativen Bereich verharren, verliert der Optimismus für die nächsten drei bis sechs Monate jedoch wieder etwas an Kraft. 

Die aktuelle Geschäftslage bleibt mit -24 Punkten unverändert zum Vorquartal, die Konjunkturflaute in der OÖ. Industrie hält an. Der Auftragsbestand derzeit (-16 Punkte nach -25 Punkten) und die Auslandsaufträge derzeit (-17 Punkte nach -24 Punkten) verbessern sich leicht, liegen aber weiterhin im deutlich negativen Bereich.  

Die Einschätzung der Geschäftslage in sechs Monaten schwächt sich etwas auf +17 Punkte (nach +20 Punkten) ab. Die Einschätzungen der Produktionstätigkeit in drei Monaten (-4 Punkte nach +19 Punkten) und der Verkaufspreise in drei Monaten (+2 nach +21 Punkten) können die Erholung aus dem letzten Quartal nicht bestätigen und sacken wieder auf die Nulllinie ab. Die Auslastung der Produktionskapazitäten in drei Monaten (+19 Punkte nach +18 Punkten) bleibt nahezu unverändert. 

Die derzeitige Ertragssituation verschärft sich weiter (-39 nach -36 Punkten). Auch bei der Ertragssituation in sechs Monate (+3 Punkten nach +24 Punkten) geht es wieder bergab. Die Einschätzung für den Beschäftigtenstand in drei Monaten bleibt mit -38 Punkten (nach -34 Punkten) weiterhin sehr negativ. Mit 42 Prozent setzen weiterhin knapp die Hälfte der Betriebe den Personalabbau fort, nur 5 Prozent planen einen Mitarbeiteraufbau. Die Arbeitslosigkeit wird in Oberösterreich weiter steigen. „Die viel zu stark gestiegenen Personalkosten im europäischen Vergleich infolge der zu hohen Lohnabschlüsse entfalten weiterhin ihre massiv negative Wirkung. Die Betriebe müssen ihre Kosten in den Griff bekommen. Sie bauen Personal in Oberösterreich ab und verlagern Teile der Fertigung in andere Werke im Ausland“, so Haindl-Grutsch. „Gleichzeitig ziehen heimische Anbieter bei Projekten im Ausland immer öfter den Kürzeren, weil internationale Kunden nicht bereit sind, die hausgemachte Inflation in Österreich zu finanzieren. Die Deindustrialisierung setzt sich damit fort, der Wohlstand im Land sinkt.“ 

Im Ergebnis verharrt das Konjunkturbarometer, welches sich als Mittelwert aus aktueller Geschäftslage und der Geschäftslage in sechs Monaten errechnet, nach -2 Punkten im Vorquartal bei -3,7 Punkten im negativen Bereich. „Seit Ausbruch der Pandemie, unterbrochen nur von einer kurzen Erholungsphase 2021, befindet sich die heimische Industrie im Rückwärtsgang. Rezession und Stagnation sind die negativen Folgen für die heimische Wirtschaft.“ 

Ist Österreich reformunfähig?
Die Mitgliederumfrage im Rahmen der Ordentlichen Vollversammlung fasst die Standortprobleme Österreichs sehr klar zusammen. Die Personalkosten sind klares Hauptthema Nummer 1 bei den Mitgliedern. 90 Prozent sehen darin das größte Problem. Auf Platz zwei folgt mit weiterer Verschärfung der Einschätzung der Aspekt Steuern und Abgaben. Als drittwichtigstes Problem erweist sich der Verwaltungsaufwand bzw. die Behördenverfahren. Weiters werden in der Befragung noch die Leistungsbereitschaft der Mitarbeiter sowie die Energiekosten als große Probleme des Standortes Österreich eingestuft. 

Kein Wirtschaftswachstum, ein EU-Defizitverfahren trotz höchster Steuerquote, hohe Staatsverschuldung und ein sehr teures Pensions-, Gesundheits- und Verwaltungssystem. Das ist die ungeschönte Zusammenfassung der Situation, in der sich Österreich aktuell befindet. „Zwei Jahre lang findet in Österreich keine wichtige Wahl statt. Wann wenn nicht jetzt werden alte Strukturen aufgebrochen, unser Staat grundlegend modernisiert und auf neue Beine gestellt, wie es andere Länder in Europa längst vollzogen haben. ‚Ist Österreich reformunfähig?‘ titelte kürzlich die NZZ in einem Kommentar. Viel Zeit bleibt nicht mehr, um diese Frage mit Nein beantworten zu können“, so Haindl-Grutsch abschließend. „Österreich braucht dringend standortpolitischen Rückenwind, um aus der Flaute herauszukommen und wieder stabil in die Zukunft segeln zu können.“ 

Foto: IV OÖ
Foto: IV OÖ
Foto: IV OÖ

Zur Befragungsmethode
An der jüngsten Konjunkturumfrage der IV beteiligten sich in Oberösterreich 112 Unternehmen mit rund 112.000 Beschäftigten. Bei der Konjunkturumfrage der IV kommt folgende Methode zur Anwendung: Den Unternehmen werden drei Antwortmöglichkeiten vorgelegt: positiv, neutral und negativ. Errechnet werden die (beschäftigungsgewichteten) Prozentanteile dieser Antwortkategorien, sodann wird der konjunktursensible „Saldo“ aus den Prozentanteilen positiver und negativer Antworten unter Vernachlässigung der neutralen gebildet.