Verlorenes Vertrauen zurückgewinnen

Österreich ist selbstverschuldet in dieser wirtschaftlichen und budgetären Krisensituation – Geschäftslage in der OÖ. Industrie verharrt in der Talsohle, Branchensituation heterogen – Deindustrialisierung setzt sich fort – Stimmungsumschwung durch Investitionsanreize und Strompreiskompensation einleiten – Abkehr vom Vollkaskostaat und der Work-Life-Balance-Gesellschaft notwendig

Alle aktuell veröffentlichen Zahlen sind Zeugnis einer Entwicklung, die die Industriellenvereinigung Oberösterreich seit drei Jahren thematisiert. Österreich steckt in der Rezession fest, trotz Rekordsteuerquote weist das Land ein Rekordbudgetdefizit aus. Der Standort Österreich hat kein Einnahmen- sondern ein Ausgabenproblem und kein Konjunktur- sondern ein Strukturproblem“, betont der Geschäftsführer der Industriellenvereinigung Oberösterreich (IV OÖ), Dr. Joachim Haindl-Grutsch. „Unsere konkreten Vorschläge der letzten Jahre in Form einer Reparaturanleitung sowie zuletzt einem Standortrettungspaket wurde nicht umgesetzt. Der Schaden an der Wettbewerbsfähigkeit des Standortes Österreich, infolge der viel zu stark gestiegenen Kosten, ist jetzt angerichtet und für alle deutlich spürbar.“ Jetzt argumentiert die neue Bundesregierung monokausal mit dem ‚Kein-Geld-Argument‘. Der Spardruck ist nachvollziehbar enorm. Dabei wird allerdings übersehen, dass ohne Maßnahmen die Zuversicht und das Vertrauen in den Standort nicht zurückkommen werden. Die Industrielokomotive wird weiterhin nicht in Fahrt kommen, die Arbeitslosigkeit wird weiter steigen und Investitionen werden im Ausland getätigt werden. Die Wirtschaft wird auch mittelfristig in chronischer Stagnation feststecken. „Sparen allein reicht nicht, um einen Stimmungsumschwung herbeizuführen“, resümiert daher Haindl-Grutsch. „Die üppig vorhandenen Steuermittel müssen zielgerichteter eingesetzt werden.“ 

Die Konjunktur-Ergebnisse im Detail
Die aktuelle Stimmungslage in der OÖ. Industrie bleibt weiterhin angespannt, wie aus den Ergebnissen der Konjunkturumfrage der IV OÖ über das erste Quartal 2025 (103 teilnehmende Firmen mit insgesamt rund 113.000 Beschäftigten) hervorgeht. Während die aktuellen Indikatoren tief im negativen Bereich verharren, werden die in die Zukunft gerichteten Indikatoren insgesamt erstmals wieder positiv eingeschätzt und drehen mit Ausnahme des Beschäftigtenstandes in drei Monaten ins Plus. Diese Entwicklung ist aber auf Branchenebene sehr heterogen: Während in der Metall- und Elektroindustrie wieder etwas Optimismus aufkeimt, zeigt sich in der Automobil-, Bau- und Papierindustrie eine gegenteilige Entwicklung. Weiters sind darin mögliche Auswirkungen der amerikanischen Zollpolitik noch nicht berücksichtigt. 

Die aktuelle Geschäftslage verbessert sich leicht auf -24 Punkte (zuvor -31 Punkte), verbleibt damit jedoch tief im negativen Bereich. Die Einschätzung der Geschäftslage in sechs Monaten verbessert sich auf +20 Punkte (nach -6 Punkten) und erreicht damit den höchsten Wert seit dem vierten Quartal 2021. Die Werte zum aktuellen Auftragsbestand bleiben gleich bei -25 Punkten, jene zu den Auslandsaufträgen liegen bei -24 Punkten (nach -29 Punkten). Die Einschätzungen der Produktionstätigkeit in drei Monaten (+19 Punkte nach -23 Punkten), der Auslastung der Produktionskapazitäten in drei Monaten (+18 Punkte nach -23 Punkten) und auch der Verkaufspreise in drei Monaten (+21 nach -12 Punkten) verbessern sich und erreichen wieder positive Werte. 

Die derzeitige Ertragssituation bleibt weiter angespannt (-36 nach -41 Punkten). Auch bei der Ertragssituation in sechs Monate (+26 Punkten nach -4 Punkten) ist eine Trendumkehr zu sehen. Die Einschätzung für den Beschäftigtenstand in drei Monaten bleibt mit -34 Punkten (nach -44 Punkten) weiterhin deutlich im negativen Bereich. Mit 46 Prozent setzen knapp die Hälfte der Betriebe den Personalabbau weiter fort, nur 8 Prozent planen einen Mitarbeiteraufbau. Die Arbeitslosigkeit wird in Oberösterreich weiter steigen. 

In der Zusammenfassung zeigt sich damit folgende Situation: Das Konjunkturbarometer, welches sich als Mittelwert aus aktueller Geschäftslage und der Geschäftslage in sechs Monaten errechnet, nähert sich mit -2 Punkten (nach -18,5 Punkten im Vorquartal) wieder der Nulllinie an. Diese Gesamtentwicklung ist in den verschiedenen Branchen jedoch stark divergierend und steht aufgrund der Unplanbarkeit der aktuellen internationalen Entwicklungen auf tönernen Füßen. Verbessern könnte die Konjunktursituation ein vernünftiger ‚Deal‘ der EU mit den USA sowie mittelfristig die Investitionspakete in Deutschland.  

Stimmungs-Turnaround notwendig
Die Enttäuschung in der OÖ. Industrie nimmt mit jedem Tag zu. Für den kurzfristigen Stimmungs-Turnaround empfiehlt die IV OÖ drei Maßnahmen: 

  1. Bürokratieabbau: keine Kosten
    • Prinzip „Vertrauensbürokratie statt Schwarze-Schafe-Bürokratie“ im Vollzug
    • Bürokratieabbau, beispielsweise bei der Abwicklung der Forschungsförderung oder bei der Nachhaltigkeitsberichterstattung

  2. Investitionsanreize für Bürger und Unternehmen: Ermöglicht erhöhte Steuereinnahmen und sichert und schafft neue Arbeitsplätze
    • Unternehmen: Investitionsfreibetrag, Investitionsprämie oder Super- & Sofortabschreibungen
    • Bürger: Gebäudesanierungsförderung Neu

  3. Strompreiskompensation SAG: Kosten ca. 200 Mio. EUR p.a.
    • Vorbild Deutschland, Industriestrompreis
    • Kompensation, weil energieintensive Betriebe die CO2-Kosten doppelt bezahlen müssen

Rückkehr zum Erfolgsaxiom
Neben der Notwendigkeit einer kurzfristigen Stimmungsaufhellung benötigt der Standort Österreich auch einen Paradigmenwechsel und eine Rückkehr zur Erfolgsformel vergangener Jahrzehnte. „Ein Vollkaskostaat, der für alles und jeden Geld mit dem Füllhorn ausschüttet, und eine Work-Life-Balance-Gesellschaft, die ihr Heil in immer kürzeren Arbeitszeiten und in der Frühpension sucht, sind ein wirksames Konzept für den Abstieg eines Landes und seiner Bürger. Es braucht jetzt keine Optimierung IM System sondern eine Optimierung DES Systems“, betont Haindl-Grutsch. „Reformen in der Verwaltung Österreichs sowie im Pensions- und Gesundheitssystem sind unvermeidlich, gleichzeitig muss das verfügbare Steuergeld effizienter und wirksamer eingesetzt werden.“ 

Nur ein schlanker Staat

  • mit sinkender Steuer- und Abgabenquote,
  • der die Kräfte der Marktwirtschaft wirken lässt,
  • der auf europäische und globale Zusammenarbeit setzt, internationalen Handel forciert und
  • die Standortrahmenbedingungen so gestaltet, dass seine im weltweiten Wettbewerb stehende Industrie im Land erfolgreich produzieren und innovieren kann,
  • und der die Leistung der Menschen belohnt,

wird Wohlstand vermehren und ein dichtes Sozialnetz sowie eine moderne Infrastruktur zur Verfügung stellen können. „Auf den Pfad dieses Erfolgsaxioms sollte Österreich möglichst rasch zurückkehren. Nach der Wiener Wahl öffnet sich ein Zeitfenster, welches die Politik nutzen sollte“, betont Haindl-Grutsch abschließend.

Foto: IV OÖ
Foto: IV OÖ
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