IV OÖ-Präsident Greiner bei der Industrie-Medienlounge im Rotax MAX Dome in Linz: Ein sich dynamisch veränderndes, volatiles internationales Umfeld erfordert Antworten von Europa und Österreich. Eine zukunftsfähige Standortpolitik steht dabei im Mittelpunkt. Oberösterreich ist auf dem richtigen Weg und muss den Aufstieg zu den industriellen Spitzenregionen Europas weiterhin konsequent verfolgen.
„Es kommt anders!“, lautete der Titel der bereits traditionellen Industrie-Medienlounge zum Jahresausklang der Industriellenvereinigung Oberösterreich (IV OÖ) im Rotax MAX Dome in Linz. Während der konjunkturelle Abschwung 2019 noch einigermaßen vorhersehbar war, waren die politischen Entwicklungen – vor allem mit dem jähen Ende der Bundesregierung durch das Ibiza-Video – nicht zu erwarten. „Österreich bekommt demnächst eine neue Bundesregierung, in Oberösterreich geht die Legislaturperiode 2020 in die Zielgerade und aus internationaler Perspektive kommen im neuen Jahrzehnt große Herausforderungen auf uns zu“, umriss IV OÖ-Präsident Dr. Axel Greiner den Rahmen für seinen Jahresrückblick, in dem er auf die wichtigsten Facetten der aktuellen Entwicklungen einging: „Chinas Aufstieg zur wirtschaftlichen und politischen Weltmacht ist in vollem Gange, getragen von einem extraktiven politischen System, welches Flughäfen in Rekordzeit bauen kann, die Digitalisierung nicht nur zur technologischen Modernisierung der Wirtschaft, sondern auch zur Überwachung der Menschen einsetzt, oder sich strategisch die weltweit führende europäische Autoindustrie vorknöpft und sich dafür auch die Rohstoffe in Afrika gesichert hat.“ Eine schleichende Ablöse durch Asien bei der Wohlstandsentwicklung im Vergleich zu Europa sei in vollem Gange, die USA würden „America first“ betreiben und durch das Silicon Valley über unsere Daten verfügen: „Europa schwächt sich durch den Brexit politisch und wirtschaftlich, ist in großen Fragen handlungsunfähig und der EU beitreten wollen nur mehr Transferempfängerländer. Die Nullzinsen in Europa führen dazu, dass schwache Länder weiterhin nicht zu Reformen gezwungen werden und die Ersparnisse der Bürger dahinschmelzen, anstatt in Wertpapiere veranlagt zu werden. Gesellschaftlich erleben wir die Symptome eines hohen Wohlstandsniveaus mit dem Wunsch nach gesetzlichem Teilzeitanspruch und Frühpensionierung“, so Greiners zugespitzte Reflexion aktueller internationaler Entwicklungen.
Der Standort Österreich steht durch den Bruch der Regierung auf dem Pannenstreifen. Die kommende türkis-grüne Regierung wird in den nächsten Jahren ein Rendezvous mit der Realität zu bestehen haben – sei es in der Steuerpolitik, der Wirtschafts- und Sozialpolitik, bei Infrastruktur- und Verkehrsfragen, bei Migrationsthemen oder auch in der Energie- und Klimapolitik, erklärte Greiner weiter: „Die finanzpolitischen ‚Luxusjahre‘ für die Politik gehen durch den Konjunkturabschwung zu Ende, mit entsprechenden Folgen für Steuereinnahmen, Budgetentwicklungen oder Reformnotwendigkeiten.“ Die IV OÖ werde als Anwältin des Standortes die Entwicklungen intensiv begleiten: „Wir stehen für gesunde öffentliche Haushalte, eine Senkung der Steuerbelastungen für Bürger und Unternehmen, eine zukunftsfähige Standortpolitik mit Investitionen in Infrastruktur, Bildung und Forschung und ein Level Playing Field in der Energie- und Klimapolitik.
Eines gelte es dabei immer wieder zu erwähnen: „Die OÖ. Industrie ist international Benchmark und Vorbild auch in Umweltfragen – beispielsweise bei der Energie- und Rohstoffeffizienz, bei Kreislaufprozessen und Recycling, bei der Emissionsreduktion und dem Anteil Erneuerbarer Energien oder auch als Anbieter von Energie-, Umwelt- und Mobilitätstechnologien. Mehr davon macht die Welt zu einem besseren Ort und nicht weniger!“, betonte der IV OÖ-Präsident, der Oberösterreich als Vorbild in Österreich hervorhob. „Unter Landeshauptmann Thomas Stelzer und Landeshauptmann-Stv. Manfred Haimbuchner haben wir einen Kurswechsel in der Finanzpolitik vollzogen. Wir zahlen Schulden zurück und erarbeiten uns damit Spielräume für die notwendigen Investitionen in die Zukunft.“ Der neue Finanzkurs des Landes sei eine wichtige Voraussetzung, damit Oberösterreich im Ranking des Regional Competitiveness Index der Europäischen Kommission zu den Top-Industrieregionen Europas aufsteigt, wie Greiner festhielt: „Der vor zwei Jahren eingeschlagene Weg stimmt – unsere noch vorhandenen Defizite im Technologie-, Infrastruktur- und Verwaltungsbereich gegenüber den Spitzenregionen werden wir weiterhin konsequent reduzieren.“
Dazu habe die IV OÖ in einem Standortdialog mit Landeshauptmann Stelzer im Oktober drei mal fünf Punkte als Zwischenbilanz der gemeinsamen Zukunftsagenda vorgelegt, für deren Umsetzung auch entsprechende Unterstützung der Bundesregierung notwendig sei. „Oberösterreich profitiert am stärksten von allen Bundesländern bei Maßnahmen im MINT-Ausbildungsbereich sowie bei der Bildungs- und Forschungsförderung und ist am stärksten betroffen bei zusätzlichen Belastungen für die energieintensive Industrie.“ Unser Bundesland brauche mehr MINT-Ausbildungsplätze und eine Leuchtturm-Digital-AHS mit inkludiertem Hardware- oder Software-Lehrabschluss in Linz. „Zusätzlich wollen wir ein Klimaschutz-Innovationszentrum nach dem Vorbild der Silicon Austria Labs in Oberösterreich zum Thema Primärenergieeffizienzsteigerung und Sektorenkopplung inklusive Umsetzung der neuentwickelten Technologien in Pilot- und Demonstrationsanlagen errichten“, erklärte Greiner. Und auch im Schienenbereich sei es möglich, eine Win-win-Situation zu generieren – eine dramatische Aufwertung des Standortes und einen wesentlichen Beitrag zur Reduktion von CO2-Emissionen wäre durch den Neubau des Bosrucktunnels für den Ausbau des Güterverkehrs auf dieser so wichtigen Pyhrn-Schober-Achse sowie durch eine neue Hochleistungsverbindung Linz – Braunau – Flughafen München im Personenverkehr gegeben, wie IV OÖ-Präsident Axel Greiner abschließend festhielt: „Das Jahr 2020 wird anders, dafür braucht man keine Glaskugel. Und es wird deutlich herausfordernder!“
Linz, 6. Dezember 2019