Konjunkturumfrage

Industriekonjunktur: Es geht wieder aufwärts

Ergebnisse der jüngsten IV OÖ-Konjunkturumfrage zeigen die erwarteten Abstürze bei Geschäftslage, Auftragsbeständen und Auslandsaufträgen – Tiefpunkt der Coronakrise ist durchschritten, die in die Zukunft gerichteten Indikatoren zeigen durchwegs nach oben – Arbeitsmarkt bleibt Sorgenkind

Das 2. Quartal des laufenden Jahres ist jenes, das zur Gänze in die Zeit des Corona-Shutdown hineinfiel und damit erstmals ein aussagekräftiges Bild über die Situation der OÖ. Industrie in den letzten drei Monaten liefert. Unter diesem Gesichtspunkt ist es nur wenig überraschend, dass sich laut jüngster Konjunkturumfrage der Industriellenvereinigung Oberösterreich (IV OÖ), an der sich 99 Unternehmen mit insgesamt mehr als 100.000 Mitarbeitern beteiligten, der Absturz der derzeitigen Geschäftslage noch einmal deutlich verschärft hat. Nachdem der Konjunkturrückgang bereits seit Herbst 2018 im Gange war und der Saldo aus Positiv- und Negativmeldungen bei der Geschäftslage schon im 3. Quartal 2019 beinahe die Nulllinie erreicht hatte, fiel er im 1. Quartal des laufenden Jahres mit Teileffekten des Corona-Shutdown deutlich ins Minus und kam nun bei -44 Prozentpunkten zum Liegen: Gewichtet nach Mitarbeiterzahlen berichteten lediglich 12 Prozent der Unternehmen von einer guten Geschäftslage, während 56 Prozent eine schlechte und 32 Prozent eine gleichbleibende Geschäftslage meldeten. Damit dürfte der konjunkturelle Tiefpunkt allerdings deutlich durchschritten sein, denn der Ausblick auf die nächsten drei bis sechs Monate fiel wieder wesentlich optimistischer aus – beispielsweise verbesserte sich bei der Einschätzung der Geschäftslage in 6 Monaten der Saldo sprunghaft von -68 Prozentpunkten im 1. Quartal des laufenden Jahres auf nunmehr +29 Punkte. „Klar ist, dass die auf den Shutdown folgenden Lockerungsmaßnahmen gefolgt von Konjunkturpaketen national wie auch international die Situation automatisch deutlich verbessern“, interpretiert IV OÖ-Geschäftsführer Dr. Joachim Haindl-Grutsch die Ergebnisse der aktuellen Konjunkturumfrage. „Die Höhe des Rebounds ist allerdings noch nicht abzusehen.“

Völlig unklar bleibt damit weiterhin, wie stark und wie schnell die Erholung auf den globalen Märkten stattfindet und wie hoch die Differenz zu den Vergleichswerten der Vor-Corona-Zeit bei einem V-förmigen Verlauf bleibt. Erst vor wenigen Tagen berichtete dazu der aus Oberösterreich stammende Wirtschaftsforscher und nunmehrige Präsident des Kieler Instituts für Weltwirtschaft, Prof. Gabriel Felbermayr, im Rahmen einer Videokonferenz der IV OÖ, dass in Deutschland beispielsweise die LKW-Fahrleistung pro Woche aktuell nur mehr 3,4 Prozent unter dem Niveau von 2019 liegt. Keine rasche Rückkehr auf das Normalniveau lasse sich jedoch laut Felbermayr aus dem Stromverbrauch in Österreich herauslesen, der nach wie vor 9 Prozent unter dem Vorjahreswert liegt – auch in Deutschland, Italien oder Spanien zeige sich derselbe Effekt. Mit -16 Prozent liege auch das Frachtvolumen im Roten Meer noch weit unter den Vor-Corona-Werten. Bei den Flügen pro Tag liege der Flughafen Peking aktuell bei nur 18 Prozent der Vor-Corona-Werte, während Shanghai bei 72 und Guangzhou bei 73 Prozent liegen.

Absturz bei der aktuellen Geschäftslage

Die Detailauswertung der IV OÖ-Konjunkturumfrage über das 2. Quartal 2020 scheint diese Einschätzungen zu bestätigen und zeigt enorme Unterschiede zwischen den Ist-Werten und den in die Zukunft gerichteten Indikatoren. Wie erwähnt stürzte der Saldo bei der aktuellen Geschäftslage von zuvor -13 Prozentpunkten auf nunmehr -44 Punkte ab, bei den Auftragsbeständen und den Auslandsaufträgen reduzierte er sich von -21 auf -34 Punkte bzw. von -22 auf -32 Punkte. Bei der aktuellen Ertragssituation ging der Saldo von -25 auf sogar -51 Punkte zurück. Dass damit der Tiefpunkt bereits durchschritten sein dürfte, zeigen hingegen die Zukunftsindikatoren: Bei der Produktionstätigkeit in 3 Monaten stieg der Saldo von zuvor -57 auf nunmehr -1 Prozentpunkt in Richtung Nulllinie, bei der Auslastung der Produktionskapazität in 3 Monaten überstieg er diese sogar leicht und verbesserte sich von -64 auf nun +1 Prozentpunkt. Noch etwas besser zeigte sich die Einschätzung der Geschäftslage für das nächste halbe Jahr: Wiederum gewichtet nach Mitarbeiterzahlen geht jedes zweite Unternehmen (49 Prozent) von einer Verbesserung der Geschäftslage in 6 Monaten aus, 30 Prozent glauben an eine gleichbleibende Entwicklung aber immer noch jedes fünfte Unternehmen (21 Prozent) an eine weitere Verschlechterung. Der Saldo aus Positiv- und Negativmeldungen kippt damit von zuvor -68 auf nunmehr +29 Prozentpunkte wieder deutlich in den Positivbereich.

Der Arbeitsmarkt bleibt das Sorgenkind

Weiterhin gedämpft ist die Stimmungslage in der OÖ. Industrie beim Thema Beschäftigung: Der Wert für den Beschäftigtenstand in 3 Monaten, der bereits im 1. Quartal des laufenden Jahres mit -57 Prozentpunkten einen regelrechten Absturz erlebt hatte, verbesserte sich zwar zuletzt auf -46 Punkte, verharrt damit aber weiterhin im tiefen Minusbereich – lediglich 3 Prozent der Unternehmen gaben an, in den nächsten 6 Monaten zusätzliche Mitarbeiter einstellen zu wollen. „Klar ist damit, dass uns die Folgen der Wirtschaftskrise am Arbeitsmarkt noch lange beschäftigen werden“, so Haindl-Grutsch, der sich dabei auf eine Mitte Juni durchgeführte Mitgliederbefragung bezieht: Demnach erwarten drei Viertel der Unternehmer und Spitzenmanager der OÖ. Industrie, dass es in etwa drei Jahre dauern wird, bis die österreichische Wirtschaft insgesamt wieder das Vor-Corona-Niveau erreicht. Die in diesem Zusammenhang einmal mehr geäußerte Idee zur Verkürzung der Arbeitszeit wird auch unter dem Vorwand der Krisenbewältigung nicht besser, sondern würde eine Lose-lose-lose-Situation bewirken. Die Arbeitnehmer verzeichnen Gehaltseinbußen, was sich unmittelbar negativ auf den Konsum auswirken würde, die Unternehmen würden eine weitere Verteuerung des Faktors Arbeit erfahren und die internationale Wettbewerbsfähigkeit des Standortes Österreich wäre massiv beeinträchtigt, was zur Reduktion von Investitionen führt und damit weitere Arbeitsplätze vernichtet. Im Gegensatz dazu ist die Kurzarbeit tatsächlich jenes Kriseninstrument, von dem vor allem auch Arbeitnehmer profitieren. Es wird auch gegen Jahresende und im nächsten Jahr noch Betriebe geben, die aufgrund ihrer spätzyklischen Auftragslage auf ein Kurzarbeitsmodell zurückgreifen müssen. Ein Kurzarbeitsmodell für die Phase III ist daher unbedingt erforderlich.

Jetzt Standortrahmenbedingungen verbessern und Zukunftstechnologien fördern

Statt auf kurzfristige Maßnahmen zu setzen und noch einmal das Geld der Steuerzahler ins Feuer zu werfen ist es jetzt klüger, die Standortrahmenbedingungen bei Steuern und Abgaben, bei Bildung und Forschung, bei Bürokratie und Verwaltung sowie im Infrastrukturbereich zu verbessern und Strukturreformen anzugehen. Ein weiteres zentrales Thema für ein Exportland wie Oberösterreich ist es, dass es infolge der Covid-Krise nicht zu weiteren Abschottungen und Renationalisierungen auf globaler Ebene kommt. Eine weitere Zunahme des Protektionismus in der internationalen Handelspolitik schade den exportorientierten Standorten ganz besonders. „Was Europa hingegen braucht, ist eine Reindustrialisierung bei Zukunftstechnologien und auch die weitere Entwicklung der Autoindustrie ist für Deutschland und Österreich von entscheidender Bedeutung. Nach der Krise müssen die Staaten einen finanzpolitischen Konsolidierungskurs einschlagen und die Schulden abbauen, um nicht von bereits geringen Zinserhöhungen aus der Bahn geworfen zu werden“, betont IV OÖ-Geschäftsführer Dr. Joachim Haindl-Grutsch abschließend.