Konjunkturumfrage

Dunkle Gewitterwolken am Konjunkturhimmel

Aktuell positive Geschäftslage kippt in der Einschätzung der Geschäftslage in 6 Monaten dramatisch ins Minus – Wettbewerbsfähigkeit des Industriestandortes durch massiv gestiegene Energiepreise stark gefährdet – Hoher Handlungsbedarf der Bundesregierung durch Entlastung bei Energiekosten, Abschaffung der kalten Progression und Senkung der Lohnnebenkosten

Schlechte Aussichten für Oberösterreichs Industrie: Die mit dem raschen Aufschwung nach dem ersten Corona-Lockdown im März 2020 einsetzende globale Hochkonjunktur 2021 dürfte für die OÖ. Industrie 2022 ein abruptes Ende finden. Eine Vielzahl an internationalen Entwicklungen – von harten Corona-bedingten Einschränkungen in China über massive Lieferkettenschwierigkeiten in allen Bereichen und Branchen sowie explodierende Energie- und Vormaterialkosten bis hin zu Logistikproblemen und Arbeitskräftemangel – mixen einen Giftcocktail, der in der aktuellen Prognose zu einem Absturz der Zukunftsindikatoren führt. Laut jüngster Konjunkturumfrage der Industriellenvereinigung Oberösterreich (IV OÖ) über das 1. Quartal 2022, an der sich 91 Firmen mit insgesamt 108.500 Beschäftigten beteiligt haben, beginnt die Geschäftslage, die sich derzeit mit einem Saldo aus Positiv- und Negativmeldungen von +71 Prozentpunkten noch auf höchstem Niveau befindet, in den freien Fall überzugehen. Vor allem die frühzyklischen Branchen wie die Metallerzeugung und die Metallverarbeitung, die Papierindustrie, die Maschinen- und Fahrzeugindustrie, aber auch die Nahrungs- und Genussmittelindustrie sowie die Bauindustrie schätzen die nächsten Monate sehr pessimistisch ein.

Absturz bei den Zukunftserwartungen

Bei der Einschätzung der Geschäftslage in 6 Monaten kippt der Saldo auf -46 Prozentpunkte. Gewichtet nach Mitarbeiterzahlen erwarten dann nur noch 4 Prozent der Betriebe eine gute und 50 Prozent der Betriebe eine schlechte Geschäftslage. Gleiches gilt für die Ertragssituation, die von derzeit +48 auf -48 Prozentpunkte in 6 Monaten fällt. Auch die Produktionstätigkeit in 3 Monaten (-7 Punkte, zuvor +15) und die Auslastung der Produktionskapazität in 3 Monaten (-6 Punkte, zuvor +15) wechseln in den negativen Bereich. Relativ stabil ist derzeit noch der Beschäftigtenstand in 3 Monaten, der von zuvor +19 auf +13 Punkte moderat zurückgeht.

In der Gesamtbetrachtung kommt es damit zu einem deutlichen Einbruch des Konjunkturbarometers: Lag der Geschäftsklimaindex im Vorquartal noch bei sehr guten +48,5 Punkten, so reduzierte er sich mittlerweile auf nur mehr +13,5 Punkte. Dass sich der Barometerstand noch über der Nulllinie befindet, ist lediglich der aktuell positiv bewerteten Geschäftslage geschuldet – das Konjunkturbarometer wird als gewichteter Mittelwert aus den Beurteilungen der gegenwärtigen Geschäftslage und der Geschäftslage in sechs Monaten bestimmt. Neben der aktuellen Geschäftslage befinden sich auch der derzeitige Auftragsbestand und die aktuellen Auslandsaufträge mit +68 bzw. +60 Prozentpunkte weiterhin auf hohem Niveau.

Industriestandort Österreich – Bundesregierung muss Handlungsfähigkeit beweisen

Die durch den Krieg in der Ukraine weiter beschleunigte ökonomische Zeitenwende hat enorme Auswirkungen auf den Industriestandort Oberösterreich. Eine klare Einschätzung der Entwicklung in den nächsten Monaten ist praktisch unmöglich, die Betriebe manövrieren im dichten Nebel. „Eine Mittelfristplanung ist unmöglich geworden“, erklärt dazu IV OÖ-Geschäftsführer Dr. Joachim Haindl-Grutsch. Im Mittelpunkt stehe das tägliche Lieferketten-Management, um industrielle Produktionsprozesse aufrechterhalten und Kunden mit den Produkten versorgen zu können. „Die OÖ. Industrie steht vor den multiplen Herausforderungen, die Resilienz der Lieferketten deutlich erhöhen zu müssen, bei überdurchschnittlich stark gestiegenen Energiekosten in Österreich die Konkurrenzfähigkeit im globalen Wettbewerb zu erhalten, den Arbeitskräftemangel auszutarieren, die Digitalisierung voranzutreiben und die grüne Transformation in Richtung CO2-Neutralität zu bewältigen. Aufgrund des fehlenden Level Playing Fields, insbesondere bei den Energiekosten, aber auch durch die überdurchschnittlich hohe Inflation in allen anderen Kostensegmenten, ist der Industriestandort Österreich massiv gefährdet“, betont Haindl-Grutsch, der unmittelbare Reaktionen der Bundesregierung einfordert. Ganz oben auf der Maßnahmenliste stehen dabei die längst überfällige Abschaffung der kalten Progression, eine Lohnnebenkostensenkung sowie eine Strompreiskompensation und unbürokratische Steuergutschriften zur Entlastung von den hohen Energiepreisen. „Angesichts der bedrohlich dunklen Gewitterwolken sollte jetzt der Bundesregierung klar sein, dass schnelle industriepolitische Entscheidungen notwendig sind, um den Industriestandort Österreich sicher durch die Krise zu führen. Jetzt muss die Regierung Handlungsfähigkeit beweisen“, erklärt Haindl-Grutsch abschließend.

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