Konjunkturumfrage

Die Lage ist prekär!

Absturz der OÖ. Industriekonjunktur: Mit Fortdauer der Corona-Krise mehren sich die Anzeichen, dass die Kur schlimmer als die Krankheit ist – JKU-Professor Cocca hält U-förmigen Verlauf der Erholung für wahrscheinlich – IV OÖ-Präsident Greiner: „Statt alter Sozialismus-Rezepte braucht es Innovationen und Investitionen. Nur mit Wirtschaftswachstum kommen wir aus der Krise!“

Die durch die Corona-Pandemie ausgelöste Wirtschaftskrise werde vermutlich die schlimmste sein, die wir in den letzten 100 Jahren erlebt haben, erklärte Dr. Axel Greiner, Präsident der Industriellenvereinigung Oberösterreich (IV OÖ), zu Beginn der ersten digitalen Industrie-im-Dialog-Veranstaltung „Schritte aus der Krise“ mit JKU-Finanzwirtschaftsprofessor Dr. Teodoro Cocca, die heute per Videoschaltung mit vielen Spitzenvertretern der OÖ. Industrie über die Bühne ging. Die Feststellung basierte unter anderem auf einer aktuellen Auswertung der IV OÖ-Konjunkturumfrage über das 1. Quartal 2020, die erwartungsgemäß stark im Zeichen der gegenwärtigen Corona-Krise steht: Sämtliche Werte, die im 4. Quartal 2019 noch im Positivbereich oder nur knapp unter der Nulllinie lagen, fielen nun tief ins Minus. Besonders bei der Geschäftslage in 6 Monaten und der Ertragssituation in 6 Monaten gingen die Salden aus Positiv- und Negativmeldungen auf -68 bzw. -66 Prozentpunkte zurück. Die wenigen Positivantworten wurden zu Beginn des Umfragezeitraums und damit kurz vor Beginn des Shutdown in Folge der Corona-Krise abgegeben. Als Ergebnis daraus fiel auch das IV OÖ-Konjunkturbarometer, das sich aus der aktuellen Geschäftslage und jener in 6 Monaten errechnet, von +3 auf nunmehr -41 Punkte.

Wirtschaftskrise wird gesellschaftliche und politische Folgen haben

Angesichts dieser globalen Wirtschaftskrise steht für IV OÖ-Präsident Greiner fest: „Die Krise wird alle Staaten massiv treffen und ganz besonders jene, die in den letzten Jahren nicht finanziell vorgesorgt, sondern weiter Schulden angehäuft haben.“ Schon jetzt werde heftig diskutiert, ob die von den meisten Industriestaaten gesetzten Maßnahmen richtig oder vielleicht doch überzogen waren. „Die Wirtschaftskrise wird jedenfalls gesellschaftliche und politische Folgen haben“, so Greiner. Auch wenn die wahren Ausmaße noch nicht absehbar sind, so sei doch eines sicher: Alte Sozialismus-Rezepte wie z.B. neuen Steuerideen, Verstaatlichungen oder einem bedingungslosen Grundeinkommen führen nur noch tiefer in die Krise: „Stattdessen braucht es Innovationen und die Schaffung neuer Arbeitsplätze. Wir müssen uns aus der Krise ‚herausinvestieren‘ und benötigen dafür einen raschen Wiedereinstieg!“

„W-förmige Erholung ist durchaus möglich“

In seiner Analyse der gegenwärtigen Situation wies JKU-Professor Dr. Teodoro Cocca auf die weltweiten Ansteckungskurven hin – in praktisch jedem Land seien nach 25 bis 30 Tagen die Ansteckungsraten wieder deutlich abgefallen, der weitere Rückgang der Infektionszahlen erstrecke sich über eine Periode von ungefähr zwei Monaten. „Das ist deshalb interessant, weil damit der Zyklus deutlich kürzer ist, als die Virologen Anfang März noch prognostiziert haben“, so Cocca. Die Reaktion der Börsen könne als Aggregat der Meinungen vieler Marktteilnehmer herangezogen werden. Bei den meisten Aktienindizes wurde der Tiefpunkt etwa Mitte März erreicht, seither gebe es einen Rebound, der bis heute anhält. Deshalb auf eine V-förmige Kurve der Börsen und der Weltwirtschaft zu hoffen, sei dennoch zu optimistisch: „Ich erwarte eher einen U-förmigen Verlauf, bei dem die Erholung deutlich länger dauert; für eine V-förmige Kurve sind die wirtschaftlichen Verwerfungen und die Tiefe der aktuellen Rezession zu weitgehend.“ Laut Cocca könnte es auch zu einer W-förmigen Entwicklung und so manchen negativen Überraschungen kommen.

„Die finanzpolitische Lage ist höchst prekär und gefährlich“

Auch aus finanzwirtschaftlicher Sicht sei die Situation derzeit alles andere als beruhigend: Zahlreiche Staaten hätten sich schon vor Ausbruch der Corona-Krise in einer heiklen finanziellen Phase befunden und die Notenbanken, die in bisherigen Krisenzeiten immer für Liquidität gesorgt haben, könnten nun an einen Punkt kommen, zu dem sie nicht mehr erholend eingreifen können. „Der schwächste Dominostein ist und bleibt natürlich Italien – die finanzpolitische Lage ist höchst prekär und gefährlich.“ Es brauche eine europäische Strategie, um den gestiegenen Schuldenberg abzubauen, und ein positives Signal an die internationalen Finanzmärkte: „Wenn die Investoren das Vertrauen in den Euro verlieren, haben wir eine Krise, die weit über die jetzige hinausgeht. So weit sollten wir es niemals kommen lassen“, betonte Cocca. „Eines ist jedenfalls klar: Wenn in Zeiten der Rezession Steuererhöhungen in den Raum gestellt werden, führt das zu einer Depression, die sich vielleicht sogar über das Jahrzehnt hinaus erstreckt.“