Industrieregionen: OÖ erstmals Top 20

Strategische Standortpolitik wirkt – das zeigen die Ergebnisse des Industrieregionen-Rankings der IV-OÖ auf Basis des RegionalCompetitiveness Index (RCI) der EU: Im Jahr 2022 gehört Oberösterreich erstmals zu den Top-20-Industrieregionen in Europa.

Die Wettbewerbsfähigkeit im internationalen Vergleich ist für den Industriestandort Oberösterreich von höchster Bedeutung: Sie entscheidet darüber, ob das Land zukunftsfähig ist, hier Arbeitsplätze geschaffen, Wertschöpfung ausgebaut und Investitionen getätigt werden. Wie es um die Wettbewerbsfähigkeit innerhalb Europas bestellt ist, erhebt die EU-Kommission alle drei Jahre in ihrem Regional Competitiveness Index (RCI). In der aktuellen Ausgabe (veröffentlicht im März 2023) werden insgesamt 234 Regionen anhand von 68 Indikatoren erfasst und bewertet.

Vergleich der Industrieregionen

Allerdings ist ein Vergleich von Metropolregionen mit einer Dominanz des Dienstleistungssektors mit industriellen Flächenregionen wie Oberösterreich oder agrarisch geprägten ländlichen Regionen mit niedrigem Entwicklungsstand zu wenig aussagekräftig. Aus diesem Grund veröffentlicht die IV-OÖ bereits seit 2013 ein Ranking von mit Oberösterreich vergleichbaren Industrieregionen. Als Industrieregionen gelten jene, die eine Industriequote von mindestens 19,5 Prozent der regionalen Bruttowertschöpfung aufweisen, ein Bruttoregionalprodukt von mindestens 75 Prozent des EU-Durchschnitts sowie eine Bevölkerungsdichte von maximal 500 Einwohnern pro km². So entsteht ein europäisches Industrieregionen-Ranking, das eine echte Vergleichbarkeit mit dem Industriestandort Oberösterreich ermöglicht. Es verbleiben 76 Regionen, die das Ranking der europäischen Industrieregionen bilden.

Oberösterreich steigt weiter auf

In der ersten Ausgabe 2013 lag Oberösterreich auf Platz 49, stagnierte in der zweiten Ausgabe 2016 mit Rang 51 und stieg in der letzten Ausgabe 2019 auf Rang 34 auf. Im aktuellen Ranking liegt Oberösterreich erstmals unter den 20 besten Regionen und ist einer der Spitzenaufsteiger im gesamten RCI. Gemeinsam mit Schwaben (DE) und Syddanmark (DK) belegt man den geteilten 19. Rang. Sechs der 15 von Oberösterreich gutgemachten Plätze sind auf den Brexit zurückzuführen Ein Blick auf die restlichen Regionen unter den Top 20 zeigt eine deutliche regionale Clusterung: Ein Großteil der Top-Regionen befindet sich im süddeutschen Raum, weitere Top-Cluster sind in Skandinavien und den Beneluxstaaten zu finden. Neben dem Brexit und tatsächlichen Verbesserungen der Standortbedingungen haben auch einige andere Faktoren zum Aufstieg im Industrieregionen-Ranking beigetragen: Änderungen der Methodik des RCI führten zu erheblichen Unterschieden in den Ergebnissen von 2019 und 2022. Im Gesamtranking führt die neue Methodik nur zu minimalen Punkteveränderungen, das Ergebnis wäre mit alter Methodik um 1,1 Punkte niedriger ausgefallen; auf Sub-Index-Ebene sind die Unterschiede aber deutlich zu erkennen. Die Detailbetrachtung zeigt, dass Oberösterreichs größte Stärken im RCI 2022 klar im Bereich Innovation und Technologie liegen – im entsprechenden Subindex ist man unter den Top-10-Industrieregionen Europas. Im Jahr 2019 lag Oberösterreich hier noch auf Rang 46. Dieser Sprung um 36 Plätze ist vor allem auf die Spitzenplatzierungen in den beiden Säulen Business Sophistication (mit Platz zwei) und Innovation (mit Rang 13) zurückzuführen. Auch in der Säule Technological Readiness konnte sich Oberösterreich merklich verbessern, von Rang 60 auf 36.

Foto: IV OÖ


Baustellen klar erkennbar

Den größten Rückschritt im Ranking machte Oberösterreich im Bereich Basic Education, wo man von Rang 15 auf Rang 56 fiel. Das liegt auch an der neuen Methodik: Statt der zuletzt verwendeten Indikatoren aus dem Bereich Erwachsenenbildung beschäftigen sich alle drei Bildungsindikatoren im RCI 2022 mit Grundkompetenzen (Lesen, Mathematik und Naturwissenschaft) von Schülern und basieren auf der PISA-Erhebung. „Österreichs sehr durchschnittliche Ergebnisse in der PISA-Studie wirken sich also massiv negativ auf das RCI-Ranking aus“, hält IV-OÖ-Geschäftsführer Joachim Haindl-Grutsch fest. Auch im Bereich der makroökonomischen Stabilität schneidet Oberösterreich schwach ab – Hauptgrund ist der im Vergleich mit Deutschland und den Niederlanden hohe Schuldenstand Österreichs. In Summe zeichnet das aktuelle Ranking ein klares Bild über die Stärken und Schwächen des Industriestandorts Oberösterreich. Die größten Stärken liegen in der Innovationskraft der Wirtschaft und einer hohen Forschungsquote der Leitbetriebe, die mit einer Vielzahl an innovativen KMUs kooperieren. Dazu kommen die weltweit einzigartige Qualität der dualen Ausbildung, eine hohe Qualifizierungsbeteiligung von Erwachsenen und hohe Arbeitsproduktivität. Die Schwächen sind nach wie vor im Schulwesen, bei der Überregulierung, der Fachkräfteverfügbarkeit und den nationalen öffentlichen Finanzen zu finden. „Um wie von der Landesregierung geplant bis 2030 zu den zehn wettbewerbsfähigsten Industrieregionen Europas zu gehören, müssen die Stärken ausgebaut und Schwächen konsequent beseitigt werden“, betont IV-OÖ-Präsident Stefan Pierer. 

FACTBOX - Fünf Hebel für OÖ zum Aufstieg zu den industriellen Spitzenregionen Europas:

  1. Gesunde Finanzen auf regionaler und nationaler Ebene sind die Voraussetzung für eine Spitzenregion in Europa – das erfordert ausgeglichene Budgets und Schuldenabbau auf Landes- und Bundesebene.
  2. Stärkung der Grundkompetenzen in der schulischen Bildung, Steigerung der Anzahl von MINT-Absolventen sowie bessere Nutzung der vorhandenen Potenziale am Arbeitsmarkt („Leistung muss sich lohnen“).
  3. Weiterer Ausbau der Forschungsaktivitäten, Forcierung von Zukunftstechnologien, Digitalisierungsoffensive.
  4. Weitere Verbesserungen in der Daten-, Verkehrs- und Energieinfrastruktur.
  5. Abbau von Bürokratie und Überregulierung sowie Effizienzsteigerungen durch Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung auf Bundes- und Landesebene (E-Government-Offensive).