Standort-Baustellen angehen

Damit Oberösterreich ein erfolgreicher Industriestandort bleibt, müssen die Kosten und Überregulierung reduziert werden,war sich eine hochkarätig besetzte Talkrunde im Rahmender Oberbank-Industriegespräche einig.

Die Oberbank-Industriegespräche, eine Kooperation der IVOÖ mit der Oberbank und den OÖN, standen ganz im Zeichen der Wettbewerbsfähigkeit. In seiner Begrüßung betonte Oberbank-Generaldirektor Franz Gasselsberger deshalb, dass sich die Konjunktur in Deutschland und Österreich noch stärker abschwäche als im Rest Europas, was auch auf die nachlassende Wettbewerbsfähigkeit zurückzuführen sei. Vor allem Deutschland leide darunter, dass die staatliche Nachfrage stark nachlässt. Dennoch bleibt Gasselsberger für Österreich einigermaßen optimistisch, denn man erlebe erstmals einen Wirtschaftsabschwung bei Vollbeschäftigung, was insofern positiv sei, weil die Menschen dadurch weiterhin ein verfügbares Einkommen hätten und der Konsum das BIP belebe.

Abschwung als natürliche Folge der Wachstumsjahre

Wirtschaftsabschwünge seien jedoch nüchtern betrachtet Teil der Konjunktur und Gasselsberger sieht Oberösterreichs Unternehmen darauf vorbereitet. Die Betriebe hätten in den vergangenen Jahren gut verdient, Eigenkapitalbasis und strategische Liquiditätsreserven seien entsprechend gut aufgestellt. Dennoch bemerke man eine abwartende Haltung sowie ein schwächeres Investitionsverhalten. Insgesamt sei das Kreditrisiko in der Industrie nach wie vor aber auf sehr niedrigem Niveau und es gebe noch immer ein Kreditwachstum, insbesondere in den Bereichen Digitalisierung und Automatisierung.

Überregulierung und Kostennachteil senken die Wettbewerbsfähigkeit

In der Diskussion mit Stefan Pierer, Andreas Klauser, CEO der Palfinger AG, und Horst Felbermayr wurde vor allem über Kosten gesprochen. Als Standort hätten Europa und Österreich laut Pierer in den letzten Jahren etwas Speck angesetzt, weshalb man die aktuelle Krise nutzen sollte, um „in die Kraftkammer“ zu gehen. Die vielen „globalen Gazellen“ der oberösterreichischen Industrie wüssten aufgrund ihrer internationalen Standorte über die Voraussetzungen in anderen Ländern hervorragend Bescheid. Alle Standorte hätten Fabriken und Fertigungen, die mit jenen in Österreich zumindest vergleichbar wären, allerdings bei deutlich niedrigeren Kosten. Andreas Klauser bestätigte Pierers Einschätzung und betonte, dass Palfinger zwar Schritte zur Reindustrialisierung in Europa setze, das aber bewusst auch außerhalb Österreichs passiere, zum Beispiel am neuen Standort Nis in Serbien.

Foto: IV OÖ

Dadurch würden jedoch auch die bestehenden Werke in Österreich profitieren. In Kombination mit der Innovationskraft in Österreich und der Tätigkeit am Balkan ist Klauser auch für die Zukunft sehr zuversichtlich. Dennoch sei Österreich als Standort zu teuer geworden. Der wichtigste Hebel ist laut Horst Felbermayr, dass Arbeitskraft weniger besteuert gehöre. Es müsse unter dem Strich wieder mehr für jene herauskommen, die arbeiten wollen. Pierer verwies auf das auf Initiative der IV-OÖ erstellte Paket „Leistung muss sich lohnen“, verglich dessen Umsetzung allerdings mit dem Bohren dicker Bretter. Zwar konnte man, nachdem die Forderungen anfangs in der Spirale des Stillstands versunken seien, erste Erfolge erzielen, weitere Maßnahmen seien jedoch nötig.

Viele Baustellen in Deutschland und Europa

Auch in Deutschland gibt es in den Augen der Diskussionsteilnehmer viele Baustellen, nicht nur im übertragenen Sinn. Die ehemalige Lokomotive der europäischen Wirtschaft hinkt laut Felbermayr im Bereich Infrastruktur extrem hinterher; dass gelte sowohl für die Schiene als auch für Straßen und Wasserwege. Die Schleusen an Deutschlands Flüssen seien etwa alle zwischen 100 und 120 Jahre alt, weshalb die Wasserstraßen nicht mehr lange in ihrer jetzigen Form funktionieren könnten.

Ein weiterer klarer Wettbewerbsnachteil sei die Überregulierung der EU. Während sich Europa laut Pierer zum Stillstand reguliere, ist die Ausgangslage in den USA laut Klauser eine völlig andere: Es würden nicht nur massiv Betriebsansiedlungen subventioniert, sondern auch Verfahren abgekürzt. Für ein Vorhaben, dessen Vorbereitung in Europa zwölf Monate brauche, seien es in den USA lediglich zwölf Wochen. Allgemein seien die USA deutlich schneller aus der Krise gekommen und hätten auch den Drive, ihr Geschäft wieder voranzutreiben.

Foto: IV OÖ