Zeitenwende – Zeit für Reformen

Die Weltwirtschaft befindet sich in einer außerordentlich herausfordernden Phase. Das neu gewählte IV-OÖ-Präsidium ging im Vorfeld des diesjährigen Industrie-Empfanges auf die Herausforderungen ein und präsentierte seine standortpolitischen Schwerpunkte.

"Dieses Präsidium repräsentiert die Nationalauswahl der oberösterreichischen Industrie. Wir stehen als Playing Captains mitten im Auge des Taifuns“, betonte der neu gewählte Präsident Stefan Pierer gleich zu Beginn der Präsentation des neuen, fünfköpfigen IV-OÖ-Präsidiums. Er übernimmt dessen Führung in schwierigen Zeiten: Aus unterschiedlichen Ursachen ist ein überaus komplexer Mix aus Lieferkettenunterbrechungen, Energiekrise, Ukrainekrieg, Covid-Lockdowns und hoher Inflation entstanden. Eine kräftige Bremsspur des Welthandels ist für Pierer daher unvermeidlich: „Für das laufende Jahr mache ich mir noch keine großen Sorgen. Aber 2023 erwarte ich eine Rezession, die wegen des Arbeitskräftemangels nicht in eine Massenarbeitslosigkeit münden muss.“

Leistung muss sich lohnen

Zu den großen Herausforderungen für das Industrieland Oberösterreich zählen laut einer Blitzumfrage, die von der IV-OÖ im Zuge ihrer Vollversammlung durchgeführt wurde, die Energiekosten, die Verfügbarkeit der Energie und vor allem die Verfügbarkeit der Arbeitskräfte. Letzteres werde noch zu einem dramatischen Problem werden, meinte dazu Pierer: „Viele osteuropäische Arbeitskräfte sind nach Hause zurückgegangen, verdienen dort wegen der niedrigen Steuern gut und kommen nicht mehr wieder.“ Wenn 100 Leute in Pension gingen, kämen durchschnittlich nur 54 Personen auf dem Arbeitsmarkt nach. Es brauche daher mehr Anreize zum Arbeiten anstelle von Transferleistungen, die das Nicht-Arbeiten fördern. „Leistung muss sich lohnen, längeres Arbeiten muss sich in jeder Hinsicht bezahlt machen“, forderte der IV-OÖ-Präsident.

Der aktuellen Diskussion um eine Arbeitszeitverkürzung bringt er daher nur Unverständnis entgegen: „Wohlstand entsteht durch Leistung – das ist Arbeit pro Zeit – und nicht durch eine Vier-Tage-Woche." Österreich hat viele Leistungsträger, viele erbringen Weltklasse-Leistungen. Leistung und Eigenverantwortung in einer Marktwirtschaft sind das Fundament für unseren Wohlstand und die Voraussetzung, um die Hilfsbedürftigen in unserer Gesellschaft unterstützen zu können. Gerade in Zeiten wie diesen brauche es laut Pierer den Fürsorgestaat für jene, die es wirklich brauchen, statt einen Versorgungsstaat, der jedem jegliche Eigenverantwortung abnimmt. „Wettbewerb ist die Grundlage von Innovation und Fortschritt und damit für den Wohlstand, den wir uns erarbeiten müssen.“

Turbulente Zeiten der Innenpolitik

Doch nicht nur die OÖ. Industrie, auch die österreichische Innenpolitik durchlebt turbulente Zeiten. Eine instabile Bundespolitik mit ständigem Wechsel der Akteure lähmt die Republik in einer Zeit, in der Schnelligkeit und Entschlossenheit in der Reaktion auf aktuelle Entwicklungen gefordert und entsprechende Reformen auf den Weg zu bringen wären. „Die Wettbewerbsfähigkeit des Industriestandortes Österreich ist gefährdet“, so Pierer. Überdurchschnittlich stark gestiegene Energiepreise und Inflationsraten, einseitige Verschärfungen bei CO2-Belastungen und ein massiver Arbeitskräftemangel führten zu ungleichen Voraussetzungen, wodurch für heimische Betriebe faire Wettbewerbsbedingungen innerhalb Europas und im weltweiten Vergleich nicht mehr ausreichend gegeben seien. Dieser Entwicklung muss rasch gegengesteuert werden, um eine schleichende Verlagerung von Produktionen zu verhindern.

Krise als Chance für den Standort nutzen

Nach Jahren des wachsenden Wohlstandes, in denen es vorrangig darum gegangen ist, das Mehr an Einnahmen entsprechend zu verteilen, erleben wir gerade infolge der multiplen Krisen den harten Aufprall am Boden der Realität und eine Zeitenwende, die eine neue Politik erfordert. Mehr Mut zur Klarheit und eine Politik, die ambitioniert die Baustellen des heimischen Standortes angeht, seien die Gebote der neuen Zeit, betonte der neue IV-OÖ-Präsident: „Es braucht mehr denn je politischen Pragmatismus und starken Veränderungswillen statt Dogmatismus und Gesinnungspolitik!“ Jetzt sei die Zeit gekommen, systemrelevante Veränderungen vorzunehmen, damit Österreich gestärkt aus der Krise hervorgehen kann. 

Oberösterreich hat mir vor 35 Jahren die Unternehmerkarriere ermöglicht. Ich möchte auf diesem Weg dem Land etwas zurückgeben!


Stefan Pierer, IV-OÖ-Präsident
Foto: IV OÖ


Reformbedarf auf Landesebene

Gerade wegen der ständigen Krisen müssen in Oberösterreich im ersten Drittel der Legislaturperiode kräftige Veränderungsschritte gesetzt werden, es braucht drei Masterpläne – am Arbeitsmarkt durch bessere Nutzung der vorhandenen Potenziale gegen den Fachkräftemangel, im Schulsystem, durch forcierten Ausbau der MINT-Kompetenzen und durch eine Modernisierung im Schulmanagement, sowie in der Digitalisierung der öffentlichen Hand zur Beschleunigung von Verwaltungsprozessen und Genehmigungsverfahren.

„Die OÖ. Industrie ist in den letzten Jahren stark gewachsen. Wir sind weltweit erfolgreich gewesen, wir haben zehntausende zusätzliche Arbeitsplätze in Österreich geschaffen und dadurch den Wohlstand der Bevölkerung massiv erhöht“, betont der neu gewählte IV-OÖ-Präsident Stefan Pierer: „Unsere hochmotivierten Mitarbeiter sind einer der wichtigsten Standortvorteile, ebenso die duale Ausbildung, die es neben Österreich auch in Deutschland und in der Schweiz gibt, und die bei zeitlich überschaubarer Ausbildung hochqualifizierte Mitarbeiter hervorbringt.“ Weitere Standortvorteile seien die Exportfinanzierung, die es vor allem mittelständischen Unternehmen ermöglicht, über die Grenzen zu gehen und zu exportieren, sowie die Forschungsprämie, die die heimische Industrie nach wie vor unheimlich innovationsstark mache. „Wir wollen in Oberösterreich, Österreich und Europa bleiben und weiterwachsen. Wir brauchen die Politik, die uns in dieser komplexen Krisenphase faire Rahmenbedingungen zur Verfügung stellen muss!“