Weiter Weg zur CO2-Neutralität

In ihrem Fahrplan zur weltweiten CO2-Neutralität bis 2050 veranschaulicht die IEA: Für die Erreichung des hochgesteckten Zieles sind immense Anstrengungen notwendig.

Mit ihrem Bericht „Net zero by 2050 – A Roadmap for the Global Energy Sector" hat die Internationale Energieagentur (IEA) einen aufschlussreichen Überblick vorgelegt, welche Maßnahmen in welchem Umfang in den nächsten Jahren und Jahrzehnten notwendig sind, um das Ziel der weltweiten CO2-Neutralität zu erreichen. Die enorme Dimension der Aufgabe wird allein schon dadurch augenscheinlich, dass für die Erreichung des Zwischenziels 2030 sich der jährliche Zuwachs an Solar- und Windkapazitäten gegenüber dem Jahr 2020 vervierfachen muss, die Elektroauto-Verkäufe sich gegenüber 2020 um das 18-Fache steigern müssen und sich gleichzeitig die Energieintensität in Relation zum weltweiten BIP um durchschnittlich 4 Prozent pro Jahr verbessern muss, was dem dreifachen Wert des Durchschnitts der letzten 20 Jahre entspricht. „Die Weltwirtschaft wird 2030 um 40 Prozent größer sein als heute und darf dabei 7 Prozent weniger Energie als heute verbrauchen“, analysiert IV-OÖ-Geschäftsführer Joachim Haindl-Grutsch den IEA-Bericht. Um die Ziele bis 2050 zu erreichen, sind massive Investitionen in den Bereichen erneuerbare Stromerzeugung, industrielle Produktion, Mobilität, Infrastruktur und im Wärmebereich notwendig.

Mehr Strom, weniger CO2

Die Elektrifizierung von Mobilität, Wärme und Industrie gilt als ein Hauptwerkzeug zur CO2-Reduktion. Bis 2030 liegt der Fokus auf Technologien, die zu mehr als 80 Prozent bereits am Markt verfügbar sind, weitere ca. 15 Prozent sollen durch neuentwickelte Technologien und rund 3 Prozent durch Verhaltensänderungen zustande kommen, etwa durch den verstärkten Ersatz des Autos durch öffentliche Verkehrsmittel. Bis 2050 sollen die CO2-Reduktionen schon zu 50 Prozent von neuen Technologien — beispielsweise im Long Distance Transport — kommen, zu 45 Prozent von bestehenden Technologien und zu weiterhin nur 4 Prozent durch Verhaltensänderungen. „Dabei ist zu berücksichtigen, dass bis zum Jahr 2050 weitere 785 Millionen Menschen Zugang zu elektrischem Strom und 2,6 Milliarden Menschen zu ‚Clean Cooking‘ haben werden“, so Haindl-Grutsch. Zusammengefasst bedeutet dies: In einer CO2-neutralen Welt 2050 ist der weltweite Energiebedarf um 8 Prozent geringer als heute, er ermöglicht aber eine Wirtschaftsleistung, die mehr als doppelt so groß ist — bei einer Weltbevölkerung, die um 2 Milliarden Menschen größer ist als heute.


Foto: AdobeStock; Grafik: IEA

CO2-NEUTRAL BIS 2050

Wie die IEA-Roadmap vorzeichnet, ist in einer CO2-neutralen Welt 2050 der globale Energiebedarf um 8 Prozent geringer als heute, er ermöglicht aber eine Wirtschaftsleistung, die mehr als doppelt so groß ist – bei einer Weltbevölkerung, die um 2 Milliarden Menschen größer ist als heute.

Schrittweises Aus für Kohle 

Laut IEA-Roadmap werden im Jahr 2050 bereits 90 Prozent des weltweiten Strombedarfs erneuerbar produziert und der Rest nuklear. Das bedeutet im Vergleich zu heute eine Vervielfachung der Solarkapazitäten um das 20-Fache und der Windkapazitäten um das 11-Fache. Elektrischer Strom deckt im Jahr 2050 die Hälfte des gesamten Energieverbrauchs ab, was eine Erhöhung der Stromproduktion um das 2,5-Fache im Vergleich zu heute bedeutet. Kohlekraftwerke werden Zug um Zug abgestellt, CO2-Abscheidung und -Speicherung („Carbon Capture, Utilisation and Storage“, CCUS) sowie Wasserstoff bekommen eine bedeutsame Rolle. Die Transformation der Mobilität bei Fahrzeugen, Flugzeugen und Schiffen erfolgt über Batterien, Wasserstoff, E-Fuels und Ammoniak. Im Wärmebereich erfolgt zeitnah der Austausch aller fossilen Heizungssysteme. Insgesamt sind bis 2030 rund 4 Billionen US-Dollar und bis 2050 insgesamt über 8 Billionen US-Dollar zur Erreichung der CO2-Neutralität erforderlich. „Die IEA-Roadmap macht deutlich, wie riesig die Herausforderung eines CO2-neutralen Planeten bis 2050 ist“, hält Joachim Haindl-Grutsch fest. Neben den Anstrengungen zur Reduktion der CO2-Emissionen sei es daher ratsam, auch in Anpassungsmaßnahmen infolge steigender globaler Temperaturen zu investieren. „Die Abkehr von fossilen Energieträgern wird nur gelingen, wenn es zu einem globalen Schulterschluss aller entwickelten Industrienationen kommt!“