Arbeitszeitdiskussion: Die Fakten

Seit 2020 steigen die Arbeitskosten in Österreich deutlich stärker als in der EU. Dies treibt die Entwicklungder Lohnstückkosten immer weiter an, welche der Maßstab für die internationale Wettbewerbsfähigkeit sind.Die Produktivität nimmt sukzessive ab; Österreich wurde zur Teilzeit-Republik, die Jahresarbeitszeit sinkt stetig.Zusätzlich steigt das Pensionsantrittsalter trotz höherer Lebenserwartung kaum.

ARBEITSKOSTEN IN DER EU – „MADE IN AUSTRIA“ MUSS MAN SICH LEISTEN KÖNNEN
Die Arbeitskosten steigen in Österreich seit 2020 deutlich stärker als in der Eurozone und der EU insgesamt (zuletzt im vierten Quartal 2023 in Österreich um 7,7 %, in Deutschland um 2,2 % und in Italien um -0,1 % im Vergleich zum Vorjahresquartal). Im Jahr 2022 betrugen die Arbeitskosten in Österreich 38,08 Euro je geleisteter Stunde; erneut ein Höchststand, nachdem sie schon in den Vorjahren kontinuierlich gestiegen waren. Löhne und Lohnnebenkosten treiben die Arbeitskosten mit an, Letztere steigen in Österreich deutlich steiler als die  Produktivität. Lohnstückkosten sind der Maßstab für die internationale Wettbewerbsfähigkeit einer Volkswirtschaft. In Österreich steigen die Lohnstückkosten von 2023 bis 2026 um durchschnittlich 5,8 % (OeNB) – das sind um 2,1 Prozentpunkte mehr als im Euroraum. Dieser steile Anstieg bedeutet, dass Österreichs
preisliche Wettbewerbsfähigkeit schrumpft, was zu einem Verlust an Marktanteilen führt (weil auch die Produktivität nicht ausreichend steigt).

Foto: IV OÖ

ÖSTERREICH IST EINE NATION DER TEILZEITBESCHÄFTIGTEN – DIE PRODUKTIVITÄT NIMMT SUKZESSIVE AB
Der Produktivitätsfortschritt (Output je Arbeitsstunde) nimmt in Österreich seit 1995 stets ab. Die  Stundenproduktivität ist seit 2013 nur um 6 % gestiegen, und die Produktivität pro Beschäftigtem hat keine Steigerung erfahren. Hauptgründe dafür sind unter anderem ein geringerer Kapitaleinsatz sowie geringere Produktivitätsgewinne durch Innovation und technologischen Wandel. Der Beitrag des Humankapitals war zuletzt sogar negativ, was auf den Rückgang der Arbeitsstunden bzw. den Anstieg der Teilzeit zurückzuführen ist. Auch bei der digitalen Kompetenz von Unternehmen und Beschäftigten liegt Österreich im internationalen Vergleich nur im Durchschnitt. Mit 30,5 % hat Österreich EU-weit die zweithöchste Teilzeitquote (Frauen 50,7 %, Männer 12,6 %) – das heimische Einkommensteuer- und Sozialversicherungssystem hemmt Teilzeitkräfte tendenziell darin, ihre Erwerbstätigkeit auszuweiten oder eine Vollzeitbeschäftigung anzunehmen. Erhöht in Österreich eine Teilzeitkraft die Wochenarbeitszeit von 20 auf 30 Stunden (+50 %), steigt ihr Nettolohn um 28,9 %, bei einer Verdoppelung der Arbeitszeit steigt der Nettolohn um nur 61,1 % – das sind jeweils die zweitschlechtesten Werte aller EU-Länder.

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JAHRESARBEITSZEIT SINKT STETIG – IM SCHNITT NUR MEHR 38,75 VERSICHERUNGSJAHRE BIS ZUR PENSION
Die Jahresarbeitszeit sinkt in Österreich stetig. Während ein durchschnittlicher Beschäftigter 1995 noch rund 1706 Stunden im Jahr gearbeitet hat, ist die Jahresarbeitszeit 2023 auf nur noch 1448 Stunden gesunken. Dies stellt eine negative Entwicklung um 15,13 % dar. Hauptgrund ist die zunehmende Teilzeitbeschäftigung. Im Jahr 2022 hatten alle Pensionsbezieherinnen und Pensionsbezieher im Schnitt nur 38,75 Jahre an  Versicherungsleistungen, wobei Frauen durchschnittlich 36 Jahre an Versicherungsleistungen vorweisen
konnten. Von der oft bemühten Aussage „45 Versicherungsjahre sind genug“ sind wir also weit entfernt. In Österreich erreichen nur durchschnittlich 45,6 % der Männer und 4,3 % der Frauen die 45 Beitragsjahre
– in Summe sind das lediglich 25,5 %.

Foto: IV OÖ
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