Kreislaufwirtschaft schützt vor Rohstofflücke

Zu diesem Schluss kamen die Teilnehmer in der jüngsten Ausgabe von Talk@Raiffeisen, als es um die Frage ging: Kann die Kreislaufwirtschaft einen wesentlichen Beitrag zur grünen Transformation unserer Gesellschaft leisten?

Als Keynote-Speakerin der von Raffeisenlandesbank OÖ und IV-OÖ gemeinsam durchgeführten Veranstaltungsreihe wurde diesmal Marlene Johler, Founder und CEO von MindX und Advisor des Circular Economy Forum Austria, gewonnen. Für sie ist eine funktionierende Kreislaufwirtschaft nicht nur eine unternehmerische Chance, sondern eine wirtschaftliche Notwendigkeit, denn im Jahr 2050 werde die weltweite Nachfrage nach begrenzten Ressourcen wie Biomasse, fossilen Energieträgern und Metallen das Angebot um rund 40 Mrd. Tonnen übersteigen. Diese Ressourcenlücke könne nur mit einer funktionierenden Kreislaufwirtschaft geschlossen werden. Recycling spiele hier zwar eine wichtige Rolle, sei aber nur eine von vielen nötigen Maßnahmen. Erst wenn Produkte nicht mehr repariert, für andere Zwecke eingesetzt oder aufgearbeitet („Remanufacturing“) werden können, solle man sie recyceln. Das Um und Auf einer funktionierenden Kreislaufwirtschaft sei aber nachhaltiges Produktdesign: Rund 80 Prozent des Abfalls, der während der Herstellung eines Produkts entsteht, könnten durch nachhaltiges Design vermieden werden. Der Umstieg auf zirkuläres Wirtschaften müsse aber ganzheitlich erfolgen und sei deshalb immer ein langfristiger und komplexer Prozess.

Kunststoff unverzichtbar

Diesen Umstand hat man auch bei Greiner erkannt und entsprechend früh reagiert. Schon 2015 hat das Unternehmen laut CEO Axel Kühner eine Nachhaltigkeitsstrategie aufgesetzt und darin die Zirkularität des eigenen Geschäftsmodells als eines von drei strategischen Zielen definiert. Mittlerweile komme der Druck zu mehr Nachhaltigkeit für die Betriebe von allen Seiten: Bewerber, Belegschaft und Kunden verlangen von den Unternehmen klare Nachhaltigkeitsziele und Pläne, wie diese zu erreichen sind. Für Kühner ist das jedoch eine positive Entwicklung: „Man muss sich mehr anstrengen, und das schafft Raum für Innovationen.“ Kunststoff als Werkstoff wird laut Kühner in der Öffentlichkeit zu einseitig betrachtet, obwohl grundsätzlich nicht das Material an sich das Problematische sei, sondern wie man damit umgeht. Hier kommt wieder die Kreislaufwirtschaft ins Spiel: Der Grund, dass sich Plastikmüll oft auch in der Natur oder den Weltmeeren findet, liegt nicht am Material, sondern an mangelnder Infrastruktur in den Bereichen Abfall- und Recyclingwirtschaft. Weltweit recycle man aktuell rund 25 Prozent aller Ressourcen, im Bereich Kunststoff seien es knapp zehn Prozent. In der Nutzung ist Kunststoff laut Kühner allerdings unverzichtbar, um nationale und globale Klimaziele zu erreichen: Würde man Plastikverpackungen etwa durch andere Materialien ersetzen, wären die von Verpackungen verursachten CO2-Emissionen um ca. 200 Prozent höher. Neben dem Recycling von Rohstoffen gibt es allerdings noch weitere Ansätze zum Etablieren zirkulärer Geschäftsmodelle in Unternehmen. Als Beispiel nannte Marlene Johler „Product as a Service“: Anstatt Produkte oder Maschinen zu verkaufen, vermarktet man die Leistung, die ein Produkt erbringen soll. Die Finanzierung solcher Geschäftsmodelle muss sich laut Michaela Keplinger-Mitterlehner, Generaldirektor-Stellvertreterin der Raiffeisenlandesbank OÖ, auch an die neuen Rahmenbedingungen anpassen. So habe die RLB bereits „Pay per Use“-Modelle eingeführt, die auf die Anforderungen von „Product as a Service“-Modellen zugeschnitten seien. Dabei handle es sich um Leasingmodelle, deren Zahlungen sich an der Nutzungsintensität orientieren.


Solange wir Politik betreiben, die Ziele setzt, ohne zu sagen, was deren Erreichen kostet, ist das Greenwashing.

Foto: IV OÖ


Wertschöpfung im Land

Im Bereich der grünen Transformation werde in den kommenden Jahren global rund eine Billion Dollar an Fördermitteln zur Verfügung stehen; diese Chance gelte es zu nutzen. Den Fördermitteln steht allerdings auch gewaltiger Investitionsbedarf gegenüber: Laut Axel Kühner müssten weltweit zumindest zwei Billionen Dollar investiert werden, um den Recyclinganteil bei Werkstoffen von heute rund 25 Prozent auf 80 bis 90 Prozent anzuheben. 500 Mrd. davon entfielen auf Investitionen im Bereich Produktdesign, der Rest auf das eigentliche Recycling. Eine realistische Herangehensweise an die grüne Transformation müsse beide Aspekte berücksichtigen: den Nutzen von Maßnahmen sowie die damit verbundenen Kosten. Genau das vermisst Kühner allerdings oft in der Politik: Solange Politik betrieben werde, die Ziele setzt, ohne zu sagen, was deren Erreichen kostet, sei das Greenwashing, so der Greiner-CEO. Dabei sei Österreich ein hervorragendes Pflaster, um nicht nur eine Kreislaufwirtschaft zu etablieren, sondern auch davon zu profitieren. Man habe die gesamte Wertschöpfungskette im eigenen Land – jetzt brauche es das volle Commitment der Politik.