Schellhorn betonte, dass der Rückgang der geleisteten Arbeitsstunden pro Kopf in Österreich kein neues Phänomen sei, sondern langfristiger Trend. Statt Arbeitszeitverkürzungen zu fordern, gelte es, den steigenden Arbeitskräftemangel zu thematisieren. Schellhorn erwähnte mit etwas Zynismus, dass es in Österreich zum Thema Arbeitszeit fünf Linksparteien gebe: „Arbeit gilt in Österreich als ‚Haftstrafe‘, wo 40 Jahre genug sind.“
Eine Erkenntnis ist, dass Österreichs steigende Beschäftigtenquote ausschließlich auf Teilzeitarbeit zurückzuführen ist. Netto wurde seit 20 Jahren keine Vollzeitstelle mehr geschaffen; die Teilzeitquote stieg von 2004 bis 2022 von knapp 20 auf über 30 Prozent. Unter den erwerbstätigen Frauen stellen Teilzeitbeschäftigte mittlerweile sogar die Mehrheit (50,7 %). Eine zweite Erkenntnis lautet, dass fehlende Kinderbetreuung allein nicht der Grund dafür ist: Während in Österreich in rund 30 Prozent aller Fälle beide Elternteile eines Kindes Vollzeit arbeiten, sind es in Dänemark 70 Prozent. Für Schellhorn liegt die Ursache darin, dass Österreichs Bildungssystem auf Betreuung durch ein Elternteil zumindest bis zum 15. Lebensjahr ausgerichtet ist.
Zusätzlich zu Eltern mit Betreuungspflichten gebe es drei weitere Gruppen, die vermehrt Teilzeit arbeiten: Menschen, die aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr arbeiten können, jene, die sich Teilzeit leisten können, und „Menschen, die rechnen können“, wie Schellhorn sarkastisch erwähnt. Nur in Spanien und Belgien bliebe weniger Nettolohn übrig, wenn Teilzeitarbeitende ihre Stunden aufstocken; geringfügige Beschäftigung sei der größte Anreiz: Bei einem vorigen Einkommen von 3.000 Euro brutto müsste man zumindest 29 Wochenstunden arbeiten, um netto mehr zu erhalten als ein geringfügig beschäftigter Empfänger von Arbeitslosengeld. Die Folgen falscher Anreize sind schon heute spürbar: Rund 220.000 offene Stellen können aktuell nicht besetzt werden, und auch, wenn man eine freie Stelle besetzen kann, dauert das im Schnitt 70 Tage. Immer mehr Unternehmen müssen daher Aufträge ablehnen oder erwägen, Kapazitäten ins Ausland zu verlagern. IV-OÖ-Vizepräsident Thomas Bründl betont, dass dies ab einem gewissen Punkt unvermeidbar werden könnte: Wenn Wachstum in Österreich nicht mehr möglich sei, müsse man diese Schritte setzen. Laura Wiesner, Geschäftsführerin von Wiesner-Hager Möbel, betonte zudem, dass gerade produzierende Unternehmen in der Arbeitszeitdebatte eine Verantwortung gegenüber ihren Fertigungsmitarbeitern hätten: Diese können ihre Arbeit nicht im Homeoffice verrichten, man dürfe sie bei der Entwicklung neuer Arbeitszeitmodelle jedoch nicht zu sehr benachteiligen.
Der Arbeitskräftemangel bleibt heute und in Zukunft das dominierende Thema und die Achillesferse für Oberösterreich. Die Rahmenbedingungen für Arbeit und Leistung in Österreich sind aus der Zeit gefallen und gehören dringend an die Herausforderungen unserer neuen Arbeitswelt angepasst, wie die nachfolgenden zehn Punkte deutlich machen: 1. Sinnkrise einer Freizeitgesellschaft: 2. Mehr Arbeit als Menschen: 3. Arbeit und nicht Arbeitslosigkeit fördern: 4. Wer rechnen kann reduziert Stunden: 5. Ausbau der Kinderbetreuung nur Teilaspekt: 6. Mehrarbeit ist Dienst am Staat: 7. Generelle Arbeitszeitverkürzung wäre Schuss ins Knie: 8. Systemerhaltung Schule: 9. Arbeiten im Alter unerwünscht: 10. Diskussion des Pensionsantrittsalters gecancelt: |