Wirtschafts-, Finanzpolitik & Recht

Konjunktur bleibt auf Talfahrt

Kein Stimmungsaufschwung in der OÖ. Industrie – alle Konjunkturindikatoren im negativen Bereich – hoher Kostendruck am Standort Österreich führt zu fortgesetztem Mitarbeiterabbau – Standort Österreich nicht mehr wettbewerbsfähig – Reparaturpaket dringend erforderlich  

Die Rezession in der OÖ. Industrie bleibt hartnäckig, wie aus den Ergebnissen der Konjunkturumfrage der IV OÖ über das vierte Quartal 2023 (79 teilnehmende Firmen mit insgesamt rund 103.000 Mitarbeitern) deutlich hervorgeht. Der Pessimismus über die Einschätzung der aktuellen Lage wie auch für die kommenden Monaten nimmt sogar weiter zu. Das Konjunkturbarometer, welches sich als Mittelwert aus aktueller Geschäftslage und der Geschäftslage in sechs Monaten errechnet, liegt aktuell bei -30 Punkten (nach -25 Punkten im Vorquartal) und verbleibt damit tief im negativen Terrain. „Die Stimmungslage in der OÖ. Industrie ist aufgrund der globalen Entwicklungen und der explodierenden Kosten in Österreich am Tiefpunkt“, erklärt der Geschäftsführer der Industriellenvereinigung Oberösterreich (IV OÖ) Dr. Joachim Haindl-Grutsch. „Es ist noch kein Licht am Ende des Tunnels abzusehen. Die Mischung aus schwacher internationaler Nachfrage gepaart mit überdurchschnittlichen Kostensteigerungen am Standort Österreich wirkt sich für das Industrieland Oberösterreich besonders negativ aus. Mit einer Zinssenkung Mitte des Jahres könnte sich die konjunkturelle Stimmung etwas verbessern, die strukturellen Probleme in Österreich lösen sich deswegen aber nicht in Luft auf.“ 

Alle Werte im negativen Bereich
In der Detailbetrachtung ergibt sich folgendes Bild aus der Konjunkturumfrage: Erstmals befinden sich alle Indikatoren im negativen Bereich – auch jene zur Einschätzung der aktuellen Situation, die im Vorquartal noch positive Werte aufwiesen. Die aktuelle Geschäftslage fällt das zehnte Quartal in Folge auf nunmehr -7 Punkte von zuvor +12 Punkten im dritten Quartal. Die Werte zum aktuellen Auftragsbestand sowie den Auslandsaufträgen fallen von +6 auf -19 Punkte bzw. von +3 auf -13 Punkte.

Ausgeprägt bleibt der Pessimismus bei den in die Zukunft gerichteten Indikatoren. Die Einschätzung der Geschäftslage in sechs Monaten steigt zwar etwas von -62 auf -52 Punkte, verbleibt aber tief im negativen Bereich. Dafür setzt sich der Abwärtstrend bei der Produktionstätigkeit in drei Monaten (von -43 auf -60 Punkte) und der Auslastung der Produktionskapazitäten in drei Monaten (von -51 auf -61 Punkte) fort.  

Personalabbau in vollem Gange
„Infolge der enormen Personalkostensteigerungen müssen die Betriebe verstärkt rationalisieren und damit Mitarbeiter freisetzen bzw. Stellen nicht nachbesetzen“, so Haindl-Grutsch. Die Einschätzung für den Beschäftigtenstand in drei Monaten fällt weiter von bereits sehr tiefem Niveau von -47 auf nunmehr -62 Punkte. Haben im dritten Quartal bereits 48 Prozent der Unternehmen einen Rückgang der Beschäftigten gemeldet, steigt der Wert im vierten Quartal bereits auf 65 Prozent aller befragten Betriebe. „Zwei Drittel der Betriebe planen eine Reduktion der Mitarbeiterzahl. Der schleichende Personalabbau ist in vollem Gange, die Deindustrialisierung läuft“, so Haindl-Grutsch. 

Die Erwartungen der Verkaufspreise in drei Monaten steigen leicht von -28 auf -17 Punkte, die Ertragssituation in sechs Monaten fällt jedoch weiter um 11 Punkte und liegt jetzt bei einem Saldo von -54. Inflationsbedingte Kostensteigerungen können nicht mehr an Kunden weitergegeben werden.  

Wettbewerbsfähigkeit wiederherstellen
Der Verlust an Wettbewerbsfähigkeit des Industriestandortes Österreich hat drei unmittelbare Konsequenzen: Leitbetriebe verlagern Wertschöpfung und Investitionen ins Ausland, KMUs stehen mit dem Rücken zur Wand und die Automatisierung zur Kostensenkung im Inland wird verstärkt“, betont Haindl-Grutsch.

Die hohe Inflation ist Gift für das Exportland Oberösterreich. Was es jetzt dringend braucht, ist professionelle Standortpolitik. „Österreich kann sich ein Jahr politischen Stillstands in der aktuellen Situation des Standortes nicht leisten. Die IV OÖ hat ein 10 Punkte-Reparaturpaket für den Standort Österreich vorgelegt, welches rasch in Umsetzung gebracht werden muss“, betont Haindl-Grutsch abschließend.  

10 Punkte-Reparaturpaket für den Standort Österreich 

  1. Anreize zum (Mehr-)Arbeiten: „Leistung muss sich lohnen-Paket“ 
  2. Entlastung I: Stufenplan zur Senkung der Steuern- und Abgabenquote von dzt. rund 43 Prozent auf unter 40 Prozent
  3. Entlastung II: Massive Senkung der Lohnnebenkosten um mehrere Prozentpunkte unter den EU-Durchschnitt
  4. Nachhaltige Finanzpolitik: Schuldenbremse mit dem Ziel von ausgeglichenen Budgets über den Konjunkturzyklus
  5. Schlanker Staat: Entbürokratisierungs- und Digitalisierungspaket im öffentlichen Sektor
  6. Fachkräfte der Gegenwart: Programme für den qualifizierten Zuzug von Fachkräften
  7. Fachkräfte der Zukunft: Duale Ausbildung als absolutes Stärkefelder der heimischen Bildungspolitik ausbauen, MINT-Graduierungen um 20 Prozent steigern
  8. Forschung und Innovation: Budgets für technologieoffene direkte und indirekte Forschungsförderung ausbauen
  9. Energieversorgung: Maßnahmen zur Sicherstellung wettbewerbsfähiger Energiepreise, beschleunigter Energieinfrastrukturumbau
  10. Investitionen in die Twin Transition: Attraktivierung von zukunftsträchtigen, wertschöpfungsintensiven Investitionen für die technologieoffene grüne und digitale Transformation

Foto: IV OÖ
Foto: IV OÖ

Zur Befragungsmethode
An der jüngsten Konjunkturumfrage der IV beteiligten sich in Oberösterreich 79 Unternehmen mit rund 103.000 Beschäftigten. Bei der Konjunkturumfrage der IV kommt folgende Methode zur Anwendung: Den Unternehmen werden drei Antwortmöglichkeiten vorgelegt: positiv, neutral und negativ. Errechnet werden die (beschäftigungsgewichteten) Prozentanteile dieser Antwortkategorien, sodann wird der konjunktursensible „Saldo“ aus den Prozentanteilen positiver und negativer Antworten unter Vernachlässigung der neutralen gebildet.